Das wahre Imperatorwort
geschrieben von:
Coolwater
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Datum: 18. Juni 2003 09:13
Jiddisch und Englisch klingen doch nicht sooo ähnlich, oder? Das kommt vom vielen Wham!-Hören, Gatto-Verehren und heimlichen Gespensterheft-Lesen auf dem Klo: das stumpft die Sinne ab. :-)
Bei "Singt deutsch!" fehlt allerdings das harsche "gefälligst", das für den Gesamtcharakter des Sprüchleins nicht unerheblich ist.
"Redet/Singt deutsch!" ist schon mal nicht übel, klingt aber letztlich eher schwächlich und ohne Nachdruck, zwar mit dem Anspruch, Befehl zu sein, aber selber nicht an die Einlösung dieses Anspruches glaubend. Mehr Bitte denn Befehl. Ein oberlehrerhafter Zug ist ihm eigen; es neigt dazu, zum Grummeln zu werden und ist letztlich nur passive Abwehr gegen etwas, das wirklich zu beeinflussen oder ändern man sich nicht befähigt glaubt. Mürrischer Ingrimm und Bitterkeit gegen die Welt klingen aus diesem Worte heraus.
"Redet/Singt gefälligst deutsch!" ist hingegen das freie Lachen des Überlegenen. Es ist schon nicht mehr der Befehl, der hier erteilt wird - es ist der pure Zwang! Das "gefälligst" versetzt den so Angesprochenen mit einem Schlag in die moralisch unterlegene Position, in der er sich, fährt er mit seinem ungebührlichen Tun fort, mit Händen und Füßen rechtfertigen muß. Und dennoch ist es zugleich ein frecher Hohn, der durch das "gefälligst" sich entfaltet, es ist das "Ach, du bist es ja doch nicht wert!", das in diesem Wort steckt, der Spott über die Kreatur. Selbst also, wenn der wahre Befehl, der gebieterische Zwang, nicht verfangen sollte, hat man sich mit diesem Wort schon abgesichert. Es ist aggressiv und sarkastisch in einem, Ironie und Oppression zugleich stecken darin. Ein wahres Imperatorwort.