Datum: 22. Juni 2016 20:05
Quote
Beppo
Man sieht nie einen Bierkutscher mit seiner Bierkutsche im Bild. Man sieht keine Plakatwerbung für Bier. Man sieht nirgendwo einen Flaschenöffner herumliegen. Der texanische Großgrundbesitzer prahlt weder mit Gersten- noch mit Hopfenanbau. Du würdest jetzt gleich spekulieren, dass sie in Entenhausen viel weniger Bier trinken als bei uns.
Mitnichten, lieber Beppo! Ich halte es für völlig legitim, von den genannten Quellen auf einen regelmäßigen Bierkonsum in Entenhausen zu schließen. Es gibt dazu noch zwei schöne Stellen: Donald träumt, von Dagobert Duck zu einem „kleinen Hellen“ eingeladen zu werden. Er selbst fragt einmal einen Besucher: „Zwitschern wir erst ein Bierchen?“ (aus der Erinnerung zitiert).
Aber ich denke, es gibt doch einen Unterschied zwischen der Frage „Trinken die Bewohner Entenhausens Bier?“ und der Frage „Wie halten es die Entenhausener mit der Religion?“ Einfach weil Religion viel komplizierter ist als Bier. Nehmen wir z.B. mich. Ich bin keine Christin und gehöre keiner Kirche an. Aber natürlich ist mein kultureller Hintergrund ein christlich-abendländischer, ich bin getauft und konfirmiert worden, ich pflege alles in allem christliche Werte, ich lebe in einer christlich geprägten Gesellschaft. Ich habe protestantischen, katholischen und russisch-orthodoxen Gottesdiensten beigewohnt. Ich kenne die Bedeutung von Weihnachten, Ostern und Pfingsten und habe zwei Bibelübersetzungen im Regal, die nicht mangels Gebrauch verstaubt sind. Trotzdem würde ich einem Entenhausener Forscher auf die Frage: Wie hältst du’s mit der Religion? antworten: Ich habe keine.
Damit will ich nur sagen: das ist alles sehr kompliziert. Deshalb meine ich, dass die bekannten Quellen keineswegs ausreichen, um auf die Existenz einer gelebten Religion in Entenhausen zu schließen. Salvatore Speculatio hat heute etwas Kluges dazu geschrieben. Und der Korjakenknacker hat schon am 8. Juni das Wesentliche gesagt, was man auch aus meiner Sicht aus den Quellen ableiten kann:
Quote
Ostsibirischer Korjakenknacker
Aus meiner Sicht stehen sie in einer christlichen Tradition, deren Grundwerte sich teilweise erhalten haben (z.B. Moralvorstellungen, Kategorisierungen wie Gut und Böse, Pietätsfragen oder Ritualisierung). Sie sind aber praktisch völlig säkularisiert. ... Sie gehören sicher nicht dem Christentum an, dafür wären ausdrückliche und nicht nur implizite Bekenntnisakte nötig, die aber an keiner mir bekannten Stelle überliefert sind.
Grundsätzlich ist die Quellenproblematik, die du angesprochen hast, Beppo, natürlich enorm wichtig und interessant. Insgesamt stimme ich mit dir durchaus überein. Was die Ducks im Verborgenen tun, davon müssen wir schweigen. Aber man sollte auch nicht von den Knochen einer einzigen Schweinshaxe in der Latrine auf regelmäßigen Schweinshaxenverzehr schließen.
Übrigens ist es mir als Mensch mit 50 % bayerischen Genen äußerst sympathisch, dass es in Entenhausen Bier gibt!
2-mal bearbeitet. Zuletzt am 22.06.16 21:54.