Datum: 25. September 2023 11:38
Der Vergleich mit Norwegen zeigt noch eine weitere glückliche Fuchsfügung, die wir mehr-weniger als gegeben hinnehmen: Die Fuchs lebte und wirkte lang genug, um sich des gesamten Barkswerks anzunehmen. Bis der Barks bei uns durch war, das hat ja hier wie anderswo in Europa ein halbes Jahrhundert gedauert, bis ums Jahr 2000. Was, wenn sie um 1965 keine Lust mehr auf Donald, Goofy und Ede Wolf gehabt hätte oder wenn da der Bepponische Dachziegel gefallen wäre und den Weltenlauf geändert hätte? Oder wenn sie schon mit siebzig friedlich im Bett gestorben wäre?
Die Norweger haben ja nicht eine, sondern zwei, ja zweieinhalb Erika Füchse: Helene Kløvstad (1903–1998), die erste Fuchs, wirkte bis 1960. Elisabeth Skaare (1926–2009) zähle ich als halbe Fuchs. Sie war nur für kurze Zeit in den frühen Sechzigern tätig, hinterließ da aber etwa die denkwürdig-klassische norwegische Übersetzung des Zwergindianerberichts. Die zweite Vollfuchs war Vivi Aagaard (1918–1992) in der Zeit von 1962 bis 1989.
1989 war in Norwegen freilich noch nicht der ganze Barks durch. Überhaupt – in den skandinavischen Ländern ist immer weniger Barks veröffentlicht worden als hierzulande, man mache für beliebige Berichte bei Inducks den Stichprobenvergleich.
Maharadscha für einen Tag zum Beispiel erschien in Skandinavien schon in den siebziger Jahren in den dortigen Entsprechungen der Melzerbände, aber in gescheiter Form in einem Heft in Dänemark, Schweden und Norwegen erst 1994 und in Finnland, man glaubt's kaum, 2003! Die Skandinavier sind nun nicht weniger barksnärrisch als wir, aber es ist eben der Fluch kleinerer Sprachgemeinschaften mit niedrigeren Auflagenhöhen für Druckwerk, daß man dort dreimal nachdenkt, bevor man die Presse anschmeißt.
Die norwegischen Füchse lebten ja alle länger, als sie wirkten. Ich weiß nicht, ob sie nach 1989 eingespannt wurden, um die noch ausstehenden Barkse zu übersetzen. Solang ich's nicht weiß, geh' ich davon aus, es war nicht so. Das heißt, fürs Resteessen mußte noch ein vierter Mensch ran. Wohl Harald Dyrkorn, der Hauptübersetzer der Nachaagaardzeit, der sich dann unter anderem bei der Vernorwegischung des Rosawerks einen Namen machte. Dyrkorn ist gewissermaßen der norwegische
Peter Daibenzeiher.
Das heißt, im norwegischen Barkswerk haben wir es mit vier, vielleicht sogar noch mehr Übersetzern zu tun. Ich sag' jetzt nicht, daß man damit nicht leben könnte, die Norweger tun's offenbar, und das nicht schlecht. Ihre Übersetzer haben gewiß alle ausgezeichnete Arbeit geleistet, und die Mehrstimmigkeit im Barkswerk ergibt wohl keinen Mißklang. Es ist also wohl nicht so, als müßte bei uns in der Barksgesamtheit die Fuchs sich den Platz mit Chotjewitz teilen, sondern mehr so, als tät' sie's, sagen wir, mit Kabatek, Kinkel und Daibenzeiher.
Damit müßten und könnten wir wohl gut leben, und bei einem frühen Ausscheiden Fuchsens würden wir danach entstandene Kabatek-, Kinkel- und Daibenzeiherübersetzungen der Berichte als deren beste Form annehmen und ehren. Doch wir
haben, Fuchsens langem Leben und ihrer Übersetzmunterkeit bis zum letzten Atemzuge sei Dank, den ganzen Barks in
einem Fuchsguß (jaja, zwei oder drei Spätfieselschweife haben wir nur mit Grotetext; drauf geschissen, Pienatz!), und das, Herrschaften und Frauschaften, ist nicht selbstverständlich, und es ist wunderbar!
Die Dänen mit ihrer neunundneunzigjährigen Sonja Rindom hat's ja ähnlich gut erwischt, nach meinem Wissen hatte sie gleich der Fuchs den gesamten Barks unter ihren Fittichen (wenn auch dort offenbar der Rindomtext nicht ganz so als unantastbare heilige Kuh gesehen wird wie hierzulande der Fuchstext). Von der Barksübersetzerei in, sagen wir, Finnland, Italien, Frankreich, Holland weiß ich nun null Komma gar nix. Aber daß
ein Mensch über viele Jahrzehnte den ganzen Barks durchgeackert hat – das ist wohl die Ausnahme.
2-mal bearbeitet. Zuletzt am 25.09.23 11:50.