Tick, Trick und Track - Eine Demontage
geschrieben von:
Salvatore Speculatio
()
Datum: 18. Februar 2011 20:03
Tick, Trick und Track - Eine Demontage
Drei clevere Tausendsassa, echte Kinder zwar, aber blitzgescheit und hoch moralisch, die ihrem Onkel immer wieder aus der Patsche helfen, "wobei sie sich ihm mit ihrem wachen Interesse, ihrer praktischen Vernunft und List stets überlegen zeigen." (Grobian Gans, Die Ducks, Psychogramm einer Sippe) : So nehmen wir sie wahr, bzw. so wollen wir sie sehen!
Zwar bescheinigt auch das Grobian Gans'sche Autorenkollektiv den Dreien eine Neigung "zu einem positivistischen Pragmatismus" (Grobian Gans, loc. cit.) und erkennt, dass die Knaben "in ständiger Gefahr (sind), völlig integriert zu werden" (Grobian Gans, loc.cit.), schließt jedoch seine Abhandlung hoffnungsvoll und zeigt damit, dass Reste des deutschen Idealismus auch im Oeuvre der vermeintlich selbstkritschen (Post-)68er stets präsent sind.
Wir werden Im Folgenden zeigen, dass Tick, Trick und Track nicht nur die kleinbürgerlichen Werte und Normen ihrer neurotischen Verwandtschaft verinnerlicht haben, sondern auch durch außerfamililiäre Prägung - und hier sei insbesondere die paramilitärische Pfadfinderorganisation genannt - zu obrigkeitshörigen, spießbürgerlichen kleinen Tyrannen degenerierten, die das Kleinbürgertum Donalds und den Ahnenkult Dagoberts in den Schatten stellen:
Donald tyrannisiert und züchtigt auch körperlich seine Neffen.
Dazu sei zunächst angemerkt, dass bis spät in die 60er Jahre hinein sowohl in Essen und Emden, als auch in Entenhausen Rohrstock und Rute allgemein sanktionierte Züchtigungswerkzeuge, Watschen und Hinternversohlen alltägliche Züchtigungsmaßnahmen waren. Während in Essen und Emden real gezüchtigt wurde, beschränkt sich Donald i.d.R. auf Drohgebärden. Er krempelt die Ärmel hoch und läuft, bewaffnet mit Rohrstock oder Rute hinter seinen Neffen her. Dokumentiert sind Hinternversohlen durch drei wilde Affen (Das Radargerät) und durch Donald, wenn es im "Der Hundesitter" heißt, dass die Knaben "leider für eine ganze Weile keine sitzende Abeit annehmen" können.
Aber wie sieht es mit den ach so unschuldigen Kindern aus?
In "Die Mutprobe" finden Donald und seine Neffen die reich ausgestattete Berghütte Dagoberts vor: Das Beste und Feinste aus Küche und Keller, viele Weihnachtsgeschenke, weihnachtliches Naschwerk, kurz, alles, was das Herz begehrt. Es sei denn, das Herz ist anankastisch starrsinnig und dermaßen traditionsabhängig, dass es ein Weihnachtsfest ohne Weihnachtsbaum nicht überstehen kann. Nicht etwa der ältere Onkel Donald ist davon abhängig, nein, seine Neffen krakelen suppenkasperhaft nach einem Weihnachtsbaum und zwingen ihren Onkel, durch den tiefen Schnee zu stampfen, um schließlich eine hohlstämmige Missgeburt von Baum ins Haus zu schleppen. Nicht genug damit, eingeschleppt wird auch ein Bärenkind, dem die Mutter sehr schnell folgen wird. So hat das spießige Beharren der Kinder auf Tradition (die Gustav Mahler sehr richtig "Schlamperei" nennt) , wie man es sonst nur bei Altersstarrsinnigen vorfindet, die Familie in vermeidbare Lebensgefahr gebracht.
Und wie sieht es mit den klugen Ratschlägen aus?
Donald kauft den Kindern ein gebrauchtes Modellflugzeug für 7.50 Taler von einer Fluggesellschaft (Im Land der Vulkane) . Das in einem Spielwarengeschäft ausgestellte Modell für 15 Taler weist er zu Recht als zu teuer zurück. Es stellt sich allerdings heraus, dass es sich nicht um ein Modell, sondern um ein richtiges Flugzeug handelt. Aber nun, errare anatum est, irren ist entlich. Aber das Glück lächelt ihm zu: Pablo Pepito würde das Flugzeug für 15 Taler kaufen. Eine schöne Handelsspanne, denken wir, und auch Donald errechnet gerade seinen schönen Schnitt als er von den Neffen brutal niedergeworfen wird. "Bist du wahnsinnig", geifern sie, "so ein Flugzeug kostet Millionen", und den Schrottwert beziffern sie auf "Tausende". Die Wunderknaben halten die Manager von Fluggesellschaften offensichtlich für schwachsinnig.
Leider lässt sich Donald von seinen Neffen überreden mit dem Ergebnis, dass er nicht nur 3000 Taler für Benzin bezahlen und sein Auto in Zahlung geben muss, sondern in Lebensgefahr gerät. Sogar eine Hinrichtung droht ihm.
Wir wollen natürlich nicht verschweigen, dass auch Donald seine Neffen nicht selten großen Gefahren aussetzt, aber nie geschieht es mit Vorsatz. Im Bericht "Sicherheit für unsere Kinder" gibt er sich die größte Mühe, die Kinder vor Gefahren zu schützen. Nur sein oft übergroßes Engagement (er versucht z.B. das heruntergefallene Taschentuch einer Dame zu retten) sowie eine gewisse Übereiltheit und Ungeschicklichkeit vereiteln sein aufrichtiges Bemühen.
Die Neffen rebellieren...
...wohl nur im Wunschdenken trunkener Tresen-Trotzkisten oder mampfender Mensa-Marxisten. Die Wahrheit ist: Tick, Trick und Track sind Gartenzwerg-Revoluzzer, die dem Präkariat Brosamen zuwerfen - wie die weihnachtlichen Brot-für-die-Welt-Spender - aber ansonsten im kleinbürgerlichen Vorgarten Schutz suchen vor den Armen. Nur wenn ein alberner Operetten-General vom Fähnlein Fieselschweif daherkommt, nehmen sie die perfekte Habt-Acht-Stellung ein und salutieren hündisch.
In "Vergebliches Streben" bezeichnen sie den "Müllweg" naserüpfend als "richtige Glasscherbengegend". Die Zirkuswelt begeistert sie zwar, und sie haben's immer sehr eilig, in die Vorstellung zu kommen, aber sobald ihr Onkel Donald sich als Clown (Hanswurst nennen ihn die Kinder) verdingt, wird er "zur Blamage für die ganze Familie" (Jagd nach der Brosche) . Während sich das Publikum amüsiert (und dafür ist der Zirkus da!) , sitzen unsere "Rebellen" zähnefletschend und griesgrämig auf ihren Sitzen. Damit nicht genug: sie schießen mit einer Zwille auf ihren Onkel, der gerade auf dem Hochseil agiert. Zum Glück stürzt er auf das aufgespannte Netz. Wenig später raunen unsere Revolutionäre, ihr Onkel schände die Familienehre. Zum Vergleich: In "Berufssorgen" läuft Dagobert gut gelaunt zum 10-Meter-Turm, um in eine Wassertonne zu springen und sinniert: "Wer weiß! Vielleicht bin ich der geborene Artist?" Er würde jeden noch so unbürgerlichen Beruf ergreifen - wenn er damit Geld verdienen könnte.
Von dieser kapitalistischen Liberalität sind die Neffen weit entfernt. In "Der Schlangenbeschwörer" schwärmen sie von den Repräsentanten des Entenhausener Establishment: Konsul Ballerstedt, Justizrat Juxenburg, Doktor Doppelkopp und den anderen, "die es zu etwas gebracht haben". Als ihr Onkel fröhlich - denn er hat einen Beruf gefunden, der ihm Freude macht! - daherkommt, wird er sogleich von den Neffen angehalten und gemaßregelt. Sie wollen schließlich mit ihrem Erziehungsberechtigten renommieren! Warum er kein Professor sei, kein Generaldirektor! Donald knickt ein gibt zu, dass er es bis jetzt nicht weit gebracht habe, und dann sagt er "aber ich habe endlich einen Beruf entdeckt, der mich stolz und glücklich macht." Wer jetzt glaubt, seine Neffen freuten sich mit ihm, sieht sich getäuscht: für unsere "Rebellen" ist nämlich der Beruf des Schlangenbeschwörers nichts Wert, mehr noch, sie deklamieren: "O Schmach und Schande! Onkel Donald, ein Jahrmarktsgaukler!". Es ist wieder der ältere Donald, der seinen Neffen zuruft: "Was sollen diese veralteten sozialen Vorurteile? Schlangenbeschwören ist eine Kunst wie jede andere."
Schließlich zwingen sie ihren Onkel zu einer EEG-Untersuchung, um seine Fähigkeit zu "etwas Besonderem" zu ermitteln. Während sie auf das Ergebnis warten, gesteht ein Neffe, dass schon der Beruf eines Finanzinspektors genehm wäre (um die spießbürgerlichen Normen der Neffen zu erfüllen, Anm. von mir) .
So kann es nicht ausbleiben, dass die rigorosen Forderungen der Neffen nach bürgerlichem Erfolg, Ruhm und Reichtum Niedergeschlagenheit und Selbstzweifel bei Donald auslösen. Wir fühlen mit ihm, wenn er in "Berufssorgen" ganz klein zwischen den Großen, mit seiner Aktentasche unter dem Arm und traurigem Blick sagt: "Ich möchte es doch so gern zu etwas bringen damit Tick, Trick und Track stolz auf mich sein können! Die Kinder leiden seelisch so unter meinen beruflichen Misserfolgen."
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3-mal bearbeitet. Zuletzt am 19.02.11 12:45.