Datum: 25. Juli 2003 13:00
Ich zerbreche mir gerade über folgendes Problem den Kopf:
Einerseits spielen Duck-Stories (solange es sich nicht um Zeitreisen-Abenteuer oder Rückblicke auf wesensähnliche Vorfahren handelt) grundsätzlich in der jeweiligen Gegenwart, d. h. wichtige Neuerungen unseres Welt werden auch in die Entenhausen-Welt übernommen; andererseits gibt es insbesondere bei Dagobert einen festgeschrieben biographischen Hintergrund , der um seine Goldsucher-Jugendzeit im (den Zeichnungen nach

ausgehenden 19.ten Jahrhundert kreist.
Vielleicht denke ich da ja zu undialektisch, aber mir scheint, da ergibt sich spätestens heute ein Problem: Mit der Einführung von Handies und Internet in Entenhausen, wird man andauernd darauf gestoßen, daß die Stories nicht "irgendwie" in einer nicht näher definierten "Gegenwart", sondern ganz konkret nach 1993/94 - und kein Jahr früher - spielen. Das heißt, Onkel dagobert müßte (bedenkt man seine Klondike-Zeit!) so um die 120 Jahre alt sein, Donald auf jeden Fall längst in Rente (wenn er Versicherungsansprüche geltend machen könnte) und Tick, Trick und Track müßten mitten in der Midlife-Crisis stecken.
Vor 1993/94 hat sich sich diese Frage nie so aufgedrängt, denn bis dahin unterschied sich unsere jeweilige Gegenwart (sagen wir 1992, 1982 oder 1972) doch nicht sooo sehr von der Gegenwart der 50er Jahre, von denen aus gerechnet das mit der Klondike-Zeit ja so ungefähr hinkam. Die Grund-Ausstattung war doch stets die Gleiche: Autos, Fernseher, Telefon ect. D. h. bei dem Stickwort "Gegenwart" stolperte man noch nicht über die Frage: Sind damit jetzt die 50er oder die 80er gemeint. Alles nach, sagen wir, 1955 verschwomm zu einer nicht näher ausdifferenzierten "Gegenwart". Mal ein Skatebord, mal ein Walkman, das brachte einen noch nicht sooo ins Grübeln, aber der Gebrauch von Handy und Internet, das ist bisweilen handlungsentscheidend und dabei ganz eng auf die letzten jahre eingrenzbar und wirft daher besagte Frage auf.
Ich denke für dieses Paradoxon aus festgeschriebener Klondike-Zeit und fortlaufender Gegenwart sind folgende Erklärungsansatze zu diskutieren:
a) Die Bewohner von Entenhausen altern (von uns aus gesehen) wesentlich langsamer (vielleicht sogar gar nicht!), verweilen viel länger in einem bestimmten Lebensalter. - Die einfachste Erklärung.
b) In Entenhausen läuft der technische Fortschritt viel schneller, der Weg von der Dampfmaschine zum Internet wird innerhalb eines Menschen- bzw. Entenalters zurückgelegt (siehe Dagoberts Biographie). - Hierzu passt aber nicht wir von unseren 1960ern bis heute fortlaufend Comic-Berichte aus Entenhausen erhielten, denenzufolge sich die Welt dort ziemlich parallel zu unserer entwickelte (also genauso langsam) ohne daß die Ducks erkennbar alterten. Wir müßten bei Erklärung b) dann also zusätzlich annehmen, daß die Comics in unserer Welt NICHT ZEITGLEICH zu den Ereignissen in Entenhausen veröffentlicht wurden, daß vielmehr die Comics von 1965 bis 1985 nur sagen wir 5 oder 10 Jahre aus der sich technsich viel schneller entwickelnden Entenhausen-Welt wiedergeben. Das aber heißt: Entenhausen versorgte uns also noch mit Comics aus der dortigen Festnetz-Telefon-Ära, als dort schon längst alle handies hatten. Vielleicht sind die Ducks ja in Wirklichkeit schon längst tot?
c) Man darf die Entenhausen-Zeit und unsere Zeit gar nicht "klassisch" als parallele Zeitstrahlen auffassen, sondern sollte eher von der (post-)modernen Physik ausgehen. Vielleicht so: Dadurch, daß die Entenhausen-Welt über die Duck-Comics mit unserer Welt interagiert, wird für die Ducks die Zeitachse gekrümmt: Sie durchschreiten mit uns im gleichen Tempo eine gemeinsame Gegenwart, doch mit jedem Schritt, den sie dabei tun, wird der hinter ihnen liegende Abschnitt ihres Lebens-Zeit-Strahls gewissermaßen zusammengepresst, und zwar so, daß die Ducks auf ihrem Lebens-Zeit-Strahl - seitdem sie zu Barks Zeiten das erste Mal mit uns interagiert hatten - gar nicht dichter ans Ende herankommen, also nicht älter werden. D.h. Dagoberts Klondike-Zeit hat es weiterhin wirklich gegeben, aber im Rückblick ist sie viel kürzer gewesen, viel schneller abgelaufen, als er sie damals wahrgenommen hat.
Was meint Ihr?
[Ergänzung zu c): Umgekehrt müsste dann das gleiche gelten: Tick, Trick und Track kaufen vielleicht regelmäßig Comics, in denen Carl Barks immer noch als Mann in den besten Jahren aufrtitt, mittlerweile aber Internet hat.]