Datum: 13. April 2024 01:44
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Theodora Tuschel
Aber die Sache ist im Grunde einfach zu erklären: es ist der Unterschied zwischen Sprechblasentext und Grafik. Lautworte und Beschriftungen gehören zur Grafik, während Texte in Sprechblasen und Textkästen Übersetzungssache sind. Vom Ehapa Verlag wurde das eher sorglos bzw. kostensparend behandelt. Am billigsten ist es, Lautworte und Beschriftungen in der Grafik zu belassen und nur die Sprechblasentexte zu übersetzen (siehe Barks Library).
Aber gab es in der
Micky Maus nicht von Anfang an deutsche Geräuschwörter und Beschriftungen, und war es nicht auch Sache Fuchsens, all dies mitzuübersetzen? Auf den Fuchs-Typoskriptseiten, die ich vor meine armen Augen bekommen habe, waren auch Aufschriften und Geräuschwörter mit Nummern versehen übersetzt.
Die hier gezeigten Beispiele mit nicht deutschen (hier: dänischen) Bröcklein, die sich in die deutschen Comics verirrt haben, sind doch Ausnahmen. Wie ich's seh', aus Winzigkeits- und Abseitigkeitsgründen. Bei einem Dollarzeichen oder womöglich auch "KR" auf Dagoberts Vorhängen mag in der Tat die Fuchs "vergessen", es im Typoskript zu übersetzen, aber auch im Verlag mag man leicht übersehen, hier das deutsche "T" für "Taler" einzusetzen.
Die aufwendigen neuen Barks-Ausgaben, bei denen Ehapa ganz bewußt drauf verzichtet, in die Bilder einzugreifen und zum Beispiel Geräuschwörter zu übersetzen, weil die Farben von Gladstone oder Egmont übernommen sind und man auch die Barksbildtreue wahren will, sind wieder was anderes. Aber in den Heftln hat Ehapa über Jahrzehnte genau umgekehrt über jedes schön gestaltete Geräuschwort, über jede kunstvoll ausgeführte Beschriftung, bildlich gesprochen, gnadenlos Tipp-Ex geschüttet und dann in häßlicher Druckschrift gleich einem Stempel ein deutsches Wort draufgeklatscht oder ein "T" oder "DD" dort, wo im Urbarks das Dollarzeichen ist. (Wobei Ehapa das alles in den Anfangsjahren noch eher schön gemacht hat, meine ich, die Brutalismus-Beschriftung in den Bildern kam erst später.)
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Erika Fuchs bekam als Übersetzungsvorlage nicht die amerikanischen Originalhefte, sondern Schwarzweiß-Kopien von Gutenberghus aus Kopenhagen, dem Lizenznehmer von Disney. Dort wurden die Geschichten für den dänischen Markt aufbereitet und an weitere europäische Länder verteilt. In einigen Fällen, wie hier im Faden dokumentiert, wurden wahrscheinlich Vorlagen mit bereits erfolgten Übersetzungen von Grafikteilen wie Aufschriften und Lautworte ins Dänische als Kopie an Erika Fuchs geschickt. Die hat sich um "KR" oder "Til salg" oder "25 Øre" nicht groß geschert, sondern sich auf die Sprechblasen konzentriert. Oder, wie Coolwater schreibt, die dänisch bearbeiteten Vorlagen sind an den Tochterverlag Ehapa gegangen, und der hat lediglich die Fuchsischen Sprechblasentexte eingefügt.
Es ist doch eindeutig, daß man in diesen Fällen in Stuttgart mit bereits verdänten Druckvorlagen gearbeitet hat. Denn eins ist klar wie Klobrille: Niemand in Stuttgart würde beim Fertigmachen für den deutschen Druck, das heißt beim Lettern der Sprechblasen und beim Eintragen von Geräuschwörtern und Aufschriften in die Bilder, Dinge wie "25 Øre" oder "KR.", die im deutschen Entenhausen überhaupt keinen Sinn haben,
neu hinschreiben. Also müssen sie bereits dringewesen sein in dem, was Stuttgart für den Druck aus Kopenhagen bekommen hat.
Und mindestens in den Berichten, in denen sich solche dänischen Überbleibsel finden, war wahrscheinlich noch viel mehr oder alles dänisch: Aufschriften, Geräuschwörter, vielleicht auch die Sprechblasentexte. Die Kleinigkeiten, die's dann in die deutschen Hefte geschafft haben, hat man halt übersehen beim Entdänen und Verfuchsen der Druckvorlagen.
Die Fuchsbrücke, über die solche Dänischbrocken in die
Micky Maus schlüpfen, braucht's nicht. Kann sein, daß die Fuchs in ihren Typoskripten die Kleinigkeiten, um die's hier geht, übersehen hat und daß sie auch deswegen unübersetzt blieben. Aber dann genügt die "konventionelle" Annahme, Fuchs habe mit (englischen) Urbarksablichtungen gearbeitet. Nehmen wir an, die Fuchs hätte in diesen Fällen mit teilweise dänischen Übersetzungsvorlagen gearbeitet und "25 Øre" unübersetzt gelassen: Man hätte in Stuttgart immer noch die deutschen Druckvorlagen für
Micky Maus anfertigen und dafür alle "Anweisungen" Fuchsens umsetzen müssen.
Und, Herr im Himmel, das müßte schon der enthirnte Jahrhundertpraktikant [
www.youtube.com] [
www.youtube.com] sein, der da in Stuttgart hockt, die Übersetzungsvorlage und das Typoskript mit den Benummerungen aus dem Packerl aus Schwarzenbach schüttelt, auf die Seiten guckt und sagt: "Hmmm, da steht auf der Übersetzungsvorlage '25 Øre', und die Frau Dr. Fuchs hat's im Typoskript nicht übersetzt. Na, dann machen wir das so, dann schreiben wir in die
Micky Maus '25 Øre'. Wenn die Frau Dr. Fuchs das nicht übersetzt, dann muß da '25 Øre' stehen. Aber um Himmels willen nicht den Strich durchs O vergessen, das Wort muß schon richtig dänisch sein in der
Micky Maus …" – Nein, in Stuttgart zog niemand bewußt einen Strich durch ein O. Die einzige sinnvolle Erklärung für die 25 Øre ist, daß Stuttgart von Kopenhagen verdänte Druckvorlagen empfangen hatte.
Die Berichte, um die's hier geht, sind nach Lage der Dinge irgendwann vorher oder ungefähr zeitgleich in Dänemark erschienen. Die "Dänismen" in den deutschen Berichten sind anscheinend alle handschriftlich in die Bilder eingetragen. Wenn sie in den dänischen Druckfassungen der Berichte nun in genau gleicher Weise ausgeführt sind, ist das ja praktisch der Beweis, daß man hier in Stuttgart ganz oder teilweise verdänte Druckvorlagen von Kopenhagen bekommen hatte.
Ich halt's wie gesagt für abseitig, daß man in Stuttgart "25 Øre" irgendwie neu hineinschreibt ins Bil (oder es auch nur bewußt läßt). Aber das dann auch noch so zu tun, daß jeder Buchstabe genau gleich aussieht wie in den dänischen Heften … ha! Eher kannste ein Fernsprechverzeichnis durch den Reißwolf jagen, es von der Steinernen Brücke in die Donaustrudel werfen, und bei Straubing treiben die Papierschnitzel ans Ufer und setzen sich wieder zum Fernsprechverzeichnis zusammen. Natürlich nur, wenn Gustav Gans dort herumlümmelt und eine bestimmte Fernsprechnummer braucht.
4-mal bearbeitet. Zuletzt am 13.04.24 06:00.