Datum: 10. Juni 2023 20:39
"Ostmark" ist eine im 19. Jahrhundert in der Geschichtswissenschaft gebräuchliche Übersetzung des quellenmäßig belegbaren Begriffs "marcha orientalis".
Ich hab' mal die Meinung gelesen, "Ostmark" sei eine neuausgedachte Kunstbezeichnung, weil ja nur lateinisch "marcha orientalis" belegt ist. Daß das deutsche "Ostmark" ausgedacht sei, kann man meines Erachtens aber nicht sagen, ich würde es eher "rekonstruiert" nennen.
Was wichtig und amtlich war, wurde seinerzeit auf latein niedergeschrieben, aber gesprochen haben die Menschen natürlich deutsch, und es ist sicherlich so, daß die "marcha orientalis" nicht erst für lateinische Urkunden ersonnen wurde, sondern daß es sich um die Übersetzung einer in der gesprochenen Sprache gebrauchten Bezeichnung für das Gebiet handelt. "Marcha" oder "marchia" ist auch überhaupt kein echtes, aus dem Altertum überliefertes lateinisches Wort, sondern die mittelalterliche Verlateinischung eines germanischen.
Das Wort "Mark" – Grenzland – ist im heutigen Deutsch ja nicht mehr gebräuchlich und ruft allerlei romantische (Burgen) oder unromantische (Burgen mit Plumpsklos) Vorstellungen vom Mittelalter hervor. Marken gab's ja
eine ganze Reihe zu jenen Zeiten, und für die Menschen vor tausend Jahren war das vielleicht ein eher "technischer" Begriff, und "Ostmark" hörte sich für sie womöglich so an wie für uns "Bezirk Karl-Marx-Stadt" oder "Autobahndirektion Nord". Daß sie in einem von allerlei Romantik und Unromantik umrankten "Mittelalter" lebten, davon wußten die vor tausend Jahren ja nix.
Gottes Wege sind unergründlich, und wie der alte Herr den Streich bewerkstelligt hat, daß das Land und Reich der Dänen unter dem Namen "Dänemark" herumläuft, weiß ich bis heut nicht so recht. "Dänemark" bedeutet "Grenzland zu den Dänen". Eigentlich müßte Dänemark auf dänisch "Danrige" oder ähnlich heißen (wie Schweden "Sverige") und auf deutsch "Dänen" (wie "Schweden") oder "Dänland". "Danmark" und "Dänemark" für das Dänenland ist sinnwidrig.
Zur Zeit der Karls und Ottos gab es im Schleswigschen eine
Dänische Mark. Die gehörte zum fränkischen Reich. "Grenzland zu den Dänen". Ergibt Sinn. Diese Dänenmark haben die Dänen dann eingesackt.
Meine Vermutung: Im Süden, im Reich, hat man weiter von der Dänenmark gesprochen, auch als die schon von den Dänen übernommen und also gar nicht mehr da und im Dänenreich aufgegangen war. Das hat sich so mit dem Namen fürs Dänenreich als Ganzes vermengt, ist schließlich zu des Dänenreiches alleinigem Namen aufgestiegen. Die Dänen selber werden sich das erst eine Zeitlang angehört haben, aber das Gequassel ihrer südlichen Nachbarn von der Dänen Land und Reich "Dänemark" wird so laut und anhaltend gewesen sein, daß sie's irgendwann übernahmen, vielleicht zunächst nur in der Lateinerei. Womöglich hat ihnen "Danmark" auch gefallen, es klingt ja im wahren Sinn des Wortes markiger als "Danrige".
Aber eigentlich ist Schleswig-Holstein Dänemark.
1-mal bearbeitet. Zuletzt am 10.06.23 20:40.