Jetzt bitte nicht in Ohnmacht fallen

Ich hab die Donald- und Dagobert-Geschichten bisher einfach immer nur mit großem Spaß gelesen, ohne mir über Zeichner, Autoren, Editionen, ursprüngliche Erscheinungsdaten und Verlage Gedanken zu machen. Auch über die Erschließung der Entenhausen-Welt habe ich mir nie so richtig einen Kopf gemacht, weil mir schien, daß irgendwie jeder Verlag und jeder Autor/Zeichner seine eigenen Stories rausbringt und Entenhausen LEIDER - ähnlich wie Springfield bei den Simpsons - je nach Bedarf der Story mal in der Nähe eines Gebirges, mal dicht beim mehr liegt und das nächste Mal wieder von Wald umgeben ist (ähnlich schien es mir mit den Duckbiographien und Stammbäumen zu sein). - D. h. ich dachte, die Wahrheit über Entenhausen würde man angesichts einer völlig verworrenen und widersprüchlichen Quellenlage eh nie erfahren.

Auf die D.O.N.A.L.D bin erst vor kurzem gestoßen und ich finde die Idee einer wissenschaftlichen Rekonstruktion der Entenhausenwelt schon sehr faszinierend. Aber bevor ich mich ins "Oberseminar: Aktuelle donaldistische Forschungskontroversen" setze: Gibt es vielleicht auch irgendwo einen "Grundkurs Donaldismus I", wo erstmal ein Überblick über Verlage, Autoren und die Publikationsgeschichte gegeben wird?

Vielen Dank

Von so einem "Grundkurs Donaldismus I" würde ich mir u. a. auch Aufklärung darüber versprechen, was es z. B. mit "der Zentrale in Kopenhagen" oder "den Italienern" auf sich hat und welche Fraktionen und Schulen sich her bekämpfen.

Speziell zu den Zeichnern. Bei vielen, v. a. den älteren Veröffentlichen stehen die doch gar nicht immer dabei. Aber wenn ich jetzt t. B. mal LTB-Entenedition Nr. 7 zur Hand nehme, dann gefallen mir dort rein vom Stil der Zeichnungen her insbesondere "Der sauere Regen", etwas weniger "Eine Wette mit Stil" und "Eine harte Lektion, gar nicht hingegen "Die Waage des Tacitus" und "Zu schön, um wahr zu sein". Zu welcher Fraktion gehöre ich damit?

(V. a. Stories, die im Stil von "Die Waage des Tacitus" gezeichnet waren, fand ich früher schon immer abschreckend, auch wenn sich die Stories durchaus als gut herausstellen konnten; aber irgendwie wirkt dieser Stil spröde, trist und zu eckig, ich würde auf 60er Jahre tippen.)

Einen "Grundkurs Donaldismus" in Form eines Kompendiums gibt's leider nicht. Donaldismus etwa als Uni-Disziplin existiert nicht, denn es handelt sich ja um eine gewachsene, "gelebte" Wissenschaft.

Man kann aber natürlich einige grundlegende Werke als Einführungsliteratur empfehlen:

- Wansel, S. (Hg.): Illustrierte Deutsche Comic-Geschichte, Bd. 15-17 über den Ehapa-Verlag

- Baumhauer, J.F.: Disneyana [Battenberg Antiquitäten-Kataloge], Augsburg 1993

- Strzyz,K./Knigge, A.: Disney von innen, Berlin 1988

Und natürlich: alle Ausgaben des HD und DD (= Der [Hamburger] Donaldist)


Von Deinem Lese-Geschmack her gehörst Du wohl zur Fraktion der Cavazzano-Fans: "Der saure Regen" stammt von Paolo Ongaro, einem frühen Cavazzano-Epigonen. "Eine Wette mit Stil" ist von Ottavio Panaro, der ebenfalls zur Cavazzano-Schule rechnet.

"Eine harte Lektion!" wurde von Gino Scott [alias Gino Esposito] gezeichnet, der allerdings im Deutschen eher selten anzutreffen ist. Er zeichnet aber in einem durchaus ansprechenden und eigenwilligen Stil.

Ebenfalls einen individuellen und unverwechselbaren Stil pflegt Giulio Chierchini ("Die Waage des Tacitus"), der übrigens noch zur alten Garde der Italo-Zeichner zählt: von ihm findet man bereits 1965 die ersten Produktionen in der MICKY MAUS.
Sein Stil ist eben ein bißchen kantig und spröde; das hat nichts mit der Zeichenperiode zu tun!

Auch wenn die Stile von Esposito und Chierchini nicht überragend sein mögen, muß man ihnen doch zugute halten, daß sie sich keinem allgemeinen Trend-Stil unterworfen haben und immer individuell geblieben sind.

"Zu schön, um wahr zu sein!" stammt übrigens vom spanischen Recreo-Studio, das auch einige Alben für den deutschen Markt in den 80er Jahren fabriziert hat ("Abenteuer aus Onkel Dagoberts Schatztruhe").

Danke!

Aber hast Du vielleicht auch einen LINK, der einem knappen einen Überblick über Verlage, Zeichner und Publikationsgeschichte geben könnte?

(Ich wollte nicht gleich so viel Geld ausgeben; und in der Uni-Bibliothek werden sie solche Werke mangels insitutioneller Verankerung dieser Disziplin wohl nicht haben)

Grünschnabel hat geschrieben:

> Aber hast Du vielleicht auch einen LINK, der einem knappen
> einen Überblick über Verlage, Zeichner und
> Publikationsgeschichte geben könnte?

Boemund, es besteht DRINGENDER Bedarf nach 'nem hübschen neuen Zeichnerheftl! *breitgrins*



Beitrag geändert (24.07.03 23:24)

Jaja - ich weiß! Und kann auch beruhigen: es ist ja schon zu über 80 % fertig. Aber es wird sicher noch 2004 werden...

Was die LINKS anbelangt, verweise ich auf den I.N.D.U.C.K.S., die große Internet-Datenbank zu allen Disney-Publikationen. Eine URL lautet:

[www.inducks.de]

Zumindest zum Thema "Zeichner" ist da einiges zu finden!

BvH hat geschrieben:

> Jaja - ich weiß! Und kann auch beruhigen: es ist ja schon zu
> über 80 % fertig. Aber es wird sicher noch 2004 werden...

Lechz! Klingt hervorragend!

> Zumindest zum Thema "Zeichner" ist [im Inducks] einiges zu finden!

Wenn man da als grünschnäbliger Anfänger ahnungslos auf "alle Zeichner auflisten" klickt, ist dort wohl sogar zuviel des Guten - oder besser: des Schlechten! ;-)

BvH hat geschrieben:

> Jaja - ich weiß! Und kann auch beruhigen: es ist ja schon zu
> über 80 % fertig. Aber es wird sicher noch 2004 werden...

Mit oder ohne die MM-Index-Erpressung?

Es geht hier nicht um Erpressung [sowas Undonaldisches!], sondern um die optimale Allokation akademischer Ressourcen. Zwei Großprojekte parallel laufen zu lassen, wäre nun mal ein suboptimaler Zustand!

BvH hat geschrieben:

> Es geht hier nicht um Erpressung [sowas Undonaldisches!] [...]

Erpressung ist mitunter sehr donaldisch. Knallharter Geschäftsmann, dieser Donald, das muß man ihm lassen.

Zwecks Gesellschaft oute ich mich auch mal - mein Lieblingsdisneyzeichner ist entgegen der bestehenden Barksisten- und Rosafronten ein Zeichner der Geschichten um "Die unsägliche Maus", Paul Murry. Die Bilder seiner Fortsetzungsgeschichten haben mich schon als kleines Kind fasziniert und eingefangen - er schaffte eine Atmosphäre, die gruselig-mysteriös und zugleich voller Action war. Und er war ein cleverer Marketingstratege: Er wußte immer genau, an welcher Stelle er die Handlung abzustoppen hatte. In gewisser Weise ein verdammt schlauer Hund...

LG Rudi

Da nimm doch einfach diesen Barks. Das ist ein abgeschlossenes Werk, nichts kommt mehr dazu, und essentiell ist es allemal. Ich fahre seit 35 Jahren sehr gut damit und habe nie einen Italiener vermisst.
Oder verheddere Dich in hunderttausend Italienern und werde unglücklich.

Da nimm doch einfach diesen Barks. Das ist ein abgeschlossenes Werk, nichts kommt mehr dazu, und essentiell ist es allemal. Ich fahre seit 35 Jahren sehr gut damit und habe nie einen Italiener vermisst.
Oder verheddere Dich in hunderttausend Italienern und werde unglücklich.