Datum: 28. September 2024 17:05
Nun ist's auch bei mir soweit. Nachdem ich mich in den vergangenen Monaten beim Lesen immer mehr quälen mußte, die Buchstaben rasch undeutlich wurden und verschwammen, konnte ich nicht mehr umhin zu tun, was ich nie tu': einen Medizinmann aufzusuchen (in dem Fall war's eine Medizinfrau). Zuckerkrank, grauer Star, grüner Star, Netzhautablösung, kurz vor der Erblindung? Im Geiste schrieb ich schon die wildesten Drehbücher und ohrfeigte mich selbst, daß ich nicht schon viel früher den Arztgang angetreten hatte.
Der im Rückblick wenig überraschende Befund: Die ganz gewöhnliche Altersweitsichtigkeit, die fast keinen verschont, bricht sich bei mir, fünfundvierzig, nun auch Bahn, und mindestens mit einer Lesebrille wäre ich die kommende Zeit gut bedient. (Eitler Fatzke, der ich bin, werd' ich's bis auf weiteres auch bei einer Lesebrille belassen, obwohl ich in die Ferne mit einer Brille ebenfalls schärfer sähe.) So weit, so gewöhnlich tue ich damit ärztlich verbrieft meine ersten Schritte ins Greisenalter.
In den vergangenen Tagen habe ich mir mehr Gedanken um Fehlsichtigkeit und Brillen gemacht als je zuvor. Wie von selbst fliegt man mit solchen Gedanken schnell in die Wirklichkeit: nach Entenhausen. Was die Ducks und Brillen angeht, fällt einiges auf.
Das größte Brillenrätsel Entenhausens ist wohl die erste Seite des Ratesendungsberichts (Bild unten). Was ist da los? Warum trägt Donald beim Büffeln jeden Tag eine deutlich dickere Brille? Warum trägt er sonst nie (?) eine, wenn er liest? Im äußeren Donaldismus ist das Ganze schnell abgehakt: Der Barks erlaubt sich da einen köstlichen Bildwitz. Im inneren Donaldismus ist diese Erklärung freilich sinnlos.
Dann: In den Berichten, die der Barks seit Anfang der Fünfziger vorgelegt hat, trägt Dagobert eine randlose kleine Brille weit vorne am Schnabel. In Berichten, die Barks zuvor geliefert hat, sitzt Dagoberts Brille meist näher zu den Augen in der Mitte des Schnabels. In diesen frühen Berichten sind die Gläser gewöhnlich größer als beim späteren "Brillchen". In den Dagobert-Frühberichten hat die Brille manchmal einen deutlich sichtbaren Rand (so im Duckenburghbericht) oder Bügel (so im Dampfbaggerbericht).
Wie sind die verschiedenen Größe und der verschieden Schnabelsitz bei Dagoberts Brillen zu deuten? Was heißt es, wenn "Bertel" ein so kleines Ding so weit weg von den Augen trägt? Bei den Entenhausenern allgemein gibt es eine wesentlich größere Bandbreite beim Abstand der Brille zu den Augen. Bei vielen sitzt die Gesichtskrücke so nah an den Augen wie bei Menschen in unserer Welt. Dagegen nicht nur bei den Beschnäbelten, sondern zum Beispiel auch bei Entenhausenern mit langen "Hundeschnauzen" sehen wir Brillen in gehöriger Entfernung von den Augen.
Alle diese Menschen könnten ihre Brille wohl auch nahe an den Augen tragen. Bringt der größere Abstand irgendeinen greifbaren Vorteil? Oder ist es womöglich eine rein "ästhetische" Angelegenheit? Empfindet man bei Langbeschnäbelten und Langbeschnauzten einen möglichst großen Augen-Brille-Abstand als rein äußerlich vorteilhaft, doch ist es fürs Sehen am Ende ungünstiger? Aber Dagobert scheint mit seinem meilenweit vor die Augen geklemmten Brillchen keine Sichtschwierigkeiten zu haben.
Rand oder randlos bei Dagoberts Brillen ist als "Rätsel" Pinatz. Brillen mit Rand und ohne haben wir in unsrer Welt auch. Eine reine Modefrage. Dann aber die Bügel: Dagobert scheint es ja vorzüglich hinzukriegen, den "Zwicker" vorne am Schnabel einzuklemmen. Da die Ducks keine Ohrmuscheln haben, bringen bei ihnen Bügel vielleicht nur wenig zusätzlichen Halt, sind womöglich ganz überflüssig, stören gar. Wenn Entengestaltige, die mit bügellosen Zwickern gut oder vielleicht sogar besser zurande kommen als mit Bügelbrillen, dann aber doch Bügelbrillen tragen, hat das denkbarerweise mit einem beherrschenden Modeleitbild der vielen in Entenhausen zu tun, die Ohrmuscheln oder Ohrlappen haben und die Bügelbrillen tragen. Ist vielleicht wie mit den Schuhen bei den Entenweibern.
Laßt Eure Hirne käsen und schüttet Eure klugen und wirren Gedanken aus, Ihr bebrillten und unbebrillten Donaldisten!
5-mal bearbeitet. Zuletzt am 28.09.24 18:11.