Datum: 20. Juli 2024 02:46
Die Texte (Sprech- und Denkblaseninhalte, Geräuschwörter) geben zweifellos ein zeitlich gezogenes Geschehen wieder. Selbst wenn da nur "Seufz!" steht – einen Seufzer zu tun oder, wie's viele Donaldisten, ich eingeschlossen, eher lesen, das Wort "Seufz" zu sprechen benötigt seine Zeit.
Das bedeutet aber nicht zwingend, daß die Bilder ebenfalls dergestalt ein Geschehen darstellen. Man muß bedenken, daß Bild und Text nicht unmittelbar eine Einheit bilden, sondern nur mittelbar. Das Bild ist das Licht, was als Text aufs Bild gelegt ist, ist der (vertextete) Schall. (Ich sehe hinweg über die donaldistische Sonder[lings]meinung, in Entenhausen kenne man gar nicht den Schall und die Sprache, wie wir's tun, sondern wahrhaftig quöllen aus den Mündern der Entenhausener mit Text gefüllte Blasen.)
Der aufs Bild gesetzte Text gibt ein zeitlich gestrecktes Schallgeschehen wieder. Auch wenn Donald nur mal "A" sagt, ist's schon eine (kleine) Zeitstrecke. Das ist aber, meine ich, eine dem Mediumsbestandteil "Text" notwendig innewohnende Eigenheit. Anders geht's nicht. Demgegenüber kann ein Bild ohne weiteres den "Augenblick" verweilen lassen. Und ohne weiteres lassen sich im Medium Comic Augenblicksbilder mit Geschehenstexten verknüpfen.
Sicherlich kennt jeder, viele wohl aus dem
Bravo-Pubertätsdurchlauf, Fotoromane. Da werden auf Fotos (Augenblick) Sprechblasen (Geschehen) gelegt. So ein Fotoroman ist im Grunde nichts anders als ein Comic, nur halt mit echten Fotos statt gezeichneter Bilder. Ich lese in gleicher Weise grundsätzlich aber erst mal auch jeden gezeichneten Comic und nehme die Bilder als Augenblicksdarstellungen, nicht als Geschehenszusammenpressungen.
Haarspalterisch könnte man natürlich sagen, wegen der Belichtungszeit sind auch die Fotos in Fotoromanen in Wirklichkeit Geschehensdarstellungen, wenn auch fürs Menschenauge nicht faßbar. Würde man jedoch einen Fotoroman vom Trump-Anschlag erstellen, sähe man auf dem einen unwahrscheinlichen Schnappschuß eindrucksvoll den Kugelflug als Geschehen. Aber wahrscheinlich hat es noch nie einen Fotoroman gegeben, in dem man auf einem Bild das Geschoß einer Feuerwaffe im Flug bestaunen konnte. In den Entenhausenberichten wiederum ist dies Barksens tägliches Brot.
Obschon ich der Neigung nach ein Augenblicksbildanhänger bin, sind die verschiedenen Darstellungen von Schußgeschehen und Kugelflügen bei Barks in der Tat ein guter Punkt für die Geschehensbildlehre. "Geschehen" wäre dann allerdings völlig anders verbildlicht als auf dem Trump-Bild, wo die Kugel in die Länge gezogen verschwimmt. Bei Barks sind vielmehr die Einzelbestandteile in der Regel scharf umrissen (zumindest die hier erörterten Kugeln), aber ein Bild wäre dann sozusagen aus verschiedenen Zeitbestandteilen zusammengesetzt. O wei, da gibt's 'nen Haufen rumzudeuteln.
Hier jedenfalls ein weiterer Knaller, aus dem Nachtwächterbericht:
Nimmt man's als Augenblicksbild, feuert Donald die Kugeln nahezu zum gleichen Zeitpunkt ab, der bereits zurückgelegte Weg unterscheidet sich bei den beiden unteren Geschossen fast gar nicht. Auch der rechte Ganove kann ganz schön schnell hüpfen, bedenkt man, daß so eine Kugel mit vielleicht dreihundert Metern in der Sekunde unterwegs ist.
Ein völlig anderer Ansatz wäre, daß in Entenhausen Kugeln aus Feuerwaffen viel, viel langsamer durch die Luft ziehen als bei uns. Drum kann man ihnen vielleicht so leicht ausweichen. Sehen wir irgendwo, daß so ein Geschoß jemanden ernsthaft verletzt oder gar tötet?