Re: Deutsch oder Anatisch? Welche Sprache sprechen sie in Entenhausen?
geschrieben von:
Coolwater
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Datum: 06. Mai 2024 16:37
Wenn die auf Stella Anatium unser Deutsch nicht haben und die Fuchs alles ins Deutsche übersetzt hat, heißt Entenhausen folgerichtig in echt nicht "Entenhausen". Das ist ja ein deutscher Name.
Jetzt könnt' man sagen: Die Fuchs hat den Ortsnamen gewiß einigermaßen getreulich übersetzt. Freilich, lautet der echte Ortsname irgendwas wie "Ort der Enten" oder "Wohnsitze der Enten", dann kann man's sich aussuchen, ob man draus Entenhausen, Entenburg, Entenstadt, Entenheim, Entingen oder sonst was macht. ("Entenpfuhl" wär' als Name eigentlich wesentlich witziger, als den Enten die langweilige Allerweltsortsnamenendung "-hausen" anzupappen.)
Klopfen wir noch ein paar mehr Ortsnamen von drüben ab. Ganselstedt: Wieso "-stedt" und nicht "-stadt"? Gantenfurth: Wieso "-furth" und nicht "-furt"? Will uns die Fuchs mit diesen Abweichungen vom heute gebräuchlichen Deutsch irgendwas sagen? Bilden sie Abweichungen nach, die schon in den wirklichen, anatischen Namen der Orte stecken?
Weiter. Kirchenlamitz, Antenweiler, Antenbüttel, Kleinschloppen. Was soll das? Im heutigen Deutsch bedeuten "-lamitz" (mit wendischem "-itz"), "-büttel", "Anten-", "-schloppen" nichts. Freilich, wenn man in der Ortsnamengeschichte wühlt, gräbt man die Bedeutungen aus; und einer mag jetzt sagen, die Fuchs habe auch hier philologisch-gründlich anatische Wortformen und -stämme übersetzt und ein uns unbekannter Ortsname aus Stella Anatium läuft in deutscher Übersetzung zwangsläufig auf "Kirchenlamitz" oder "Antenbüttel" hinaus. Da rennt sich der Gedanke, die Fuchs kredenzt uns Entenhausen philologisch-gründlich vor, allerdings tot.
Zumal da manche dieser Ortsnamen oder Versatzstücke davon in der Umgebung von Fuchsens oberfränkischer Zwangsheimat "zufällig" auftauchen, liegt der Schluß näher, daß sie hier für ganz andere Namen auf Stella Anatium deutsche Ortsnamen frei gewählt hat, die ihr einfach für ihre und unsere Ohren gut und passend klangen.
Nun kann ein Anatiker sagen: Schön und gut. Bei Kleinschloppen und Kirchenlamitz hat Fuchs ihre Phantasie Blasen schlagen lassen, seh' ich ein, und sich aus ihrem Fichtelgebirge bedient, aber bei Entenhausen wird sie sich doch, Herrgott noch mal, am Riemen gerissen haben. Der anatische wahre Name der Stadt wird gewiß irgendwie etwas heißen wie "Ort der Enten".
Tja, vielleicht. Vielleicht auch nicht. Die Berichte, wenn darin durchweg alles ins Deutsche übersetzt und Spuren von Anatisch restlos getilgt sind, eröffnen keinerlei Möglichkeit, dem nachzugehen. Daß "Entenhausen" eine getreulichere Übersetzung sei als "Kleinschloppen", ist Spekulatius. Es könnt' ebensogut sein, daß die Fuchs ihre Kreativilität ungehemmt entfaltet hat und im Sinne der vollständigen "Translozierung" und Mundgerechtmachung der Duck-Welt für uns hier die deutschen Ortsnamen durchweg neu ausgeheckt hat. Vielleicht ließe sich der anatische Name Entenhausens richtig mit Königsberg, Heiligenhafen oder Neustadt am Rübenberge übersetzen, aber die Fuchs meinte halt, das sei langweilig und doof, "Entenhausen" sei als Heimstätte für unsere "Enten", die Ducks, doch ein pfiffigerer Name.
Mit den Personennamen ist's das gleiche. Donald und Dagobert können in ihrer Welt schlecht so heißen, wenn's dort kein Deutsch gibt. "Donald" ist nun nicht wirklich deutsch, sondern ein englischer Name keltischer Abkunft, was aber für die Aussprache hier wenig tut. Englisch und Keltisch haben die drüben folgerichtig natürlich auch nicht, wenn sie kein Deutsch haben.
Jetzt kann man natürlich hier genauso sagen: Augenblick, die Fuchs ist gewiß hochphilologisch-ursprungsgetreu vorgegangen und hat sauber die Bedeutungen dieser Namen übersetzt. Also: "Donald" heißt letztlich "Weltherrscher", belehrt mich das Netz, und "Dagobert" heißt "glänzend wie der Tag". Die beiden haben also anatischen Namen, die im Ursprung bedeuten "Weltherrscher" und "glänzend wie der Tag", die Fuchs hat's ursprungsgetreu übersetzt, somit ergibt sich "richtig": "Donald" und "Dagobert".
Aber: Das glaubt doch jetzt echt keine Sau. Vor allem glaubt keine Sau, daß, wenn die Namen und nicht nur diese beiden, alle so ganz richtig und getreulich übersetzt sind, sich dann zuuuuufällig im Deutschen all die für Entenhausen so kennzeichnenden Stabreimnamen ergeben. Donald Duck, Dagobert Duck, Gustav Gans, Gregor Ganovsky und, und, und.
Auch hier ist's denk- und folgerichtiger, vom Anatischstandpunkt aus ganze Sache zu machen und zu sagen: Die heißen alle in Wirklichkeit ganz anders, wir wissen nicht, wie sie heißen, die deutschen Namen sind freie Erfindungen, Willkürschöpfungen von Fuchsens Geist. Und am Ende kann's ohne weiteres sein, daß auch die Nachnamen (Duck, Gans, Ganovsky) in der anatischen Wirklichkeit gar keine Entsprechung haben. Die Fuchs fand's halt pfiffig, der "Ente" Donald das englische Wort für "Ente" als Nachnamen aufzudrücken und der "Gans" Gustav den Namen "Gans" und dem "Ganoven" Ganovsky seinen Namen. Aber vielleicht haben die Entenhausener in ihrer Sprache ganz "gewöhnliche" Namen wie wir: Müller, Meier, Schulze, Merkel, Brandt – Namen, die jahrhundertealt von Ahnen überkommen sind und nichts mit Leibgestalt, Wesensart oder Beruf des heutigen Trägers zu schaffen habe. Duck, Gans, Ganovsky und Co. – ein Sprachscherz der Übersetzerin.
Vielleicht, vielleicht nicht. Die Quellen lassen keine Rückschlüsse zu, weil ja die Fuchsübersetzung als undurchschaubare, unüberwindliche, undurchbrechbare Mauer zwischen uns und Anatisch, der unbekannten wahren Sprache der Entenhausener, steht. Aber wenn die Fuchs in ihrer Übersetzung aus der Spracheigenbezeichnung von Anatisch kurzerhand "Deutsch" macht und den Entenstern mit Kirchenlamitz und Kleinschloppen von nebenan im Oberfränkischen munter füttert, ist der Frau an Kreativilität alles zuzutrauen.
Merkewohl eins: Ich bin selbstverfreilich der Auffassung, Kirchenlamitz auf Stella Anatium heißt in echt Kirchenlamitz.
Merkewohl zwei: Ich weiß selbstverfreilich, daß das hier Ausgeführte nicht für Deutsch und gegen Anatisch auf dem Entenhausen spricht oder umgekehrt. Ich spiele hier nur einige Folgen durch, die sich aus der Anatischlehre für die Entenhausenschau des inneren Donaldismus ergeben.
1-mal bearbeitet. Zuletzt am 06.05.24 18:56.