Datum: 17. Mai 2023 14:43
Nachklapp: So brenzlig ist die Sache nicht mehr. Der Gugelbucks gibt für den Band der
Zeitschrift für deutsche Mundarten zwar 1971 an. Der Gugelbucks nennt aber den im Zweiten Weltkrieg aufgelösten Allgemeinen Deutschen Sprachverein als Herausgeber der Zeitschrift. Überhaupt dünkte mir das von Gugelbucks gezeigte Druckbild aus der Zeitschrift älter als 1971. Komisch!
Der Komik Lösung: Die
Zeitschrift für Deutsche Mundarten erschien tatsächlich von 1906 bis 1924, und 1971 wurde sie, als Faksimile,
nachgedruckt; zum Beispiel hier zu sehen, im Impressum: [
archive.org]
Der Gugelbucks liefert für "Schwuppdizität" übrigens noch mehr ältere Mundartwörterbücher (
Wörterbuch der obersächsischen und erzgebirgischen Mundarten, 1914;
Badisches Wörterbuch, 1925;
Pfälzisches Wörterbuch, 1965), ohne allerdings Einblicke in sie zu gewähren: [
www.google.de]
Wir haben mit "Schwuppdizität" also ein Mundartwort, das offensichtlich im ostmitteldeutschen Raum ([Ober-]Sachsen, Erzgebirge) sowie im westmitteldeutschen bis möglicherweise westoberdeutschen Raum (Pfalz, [Nord?-]Baden) schon seit längerem herumstromerte.
Die Fuchs kannte es wohl aus ostmitteldeutscher Quelle. Die Ecke Schwarzenbach, wo sie ein halbes Jahrhundert lang saß, liegt ja gleich daneben. Nach 1945 blockte nun der Eiserne Vorhang den Austausch und Verkehr zwischen dem Obersächsischen und Oberfränkischen erheblich. Aber: Die Fuchs saß in Schwarzenbach ja schon seit den dreißiger Jahren. Überdies dürfte Oberfranken viele Vertriebene aus den böhmisch-sudetendeutschen Gebieten, in denen Obersächsisch-Erzgebirgisch gesprochen wurde, empfangen haben, weiter werden sich dort auch viele obersächsisch-erzgebirgisch redende Ostzonenflüchtlinge angesiedelt haben – Oberfranken ist für beide das der Heimat nächstgelegene und "ähnlichste" Westgebiet. Als gezwungen gehender Erzgebirgler marschiert man nicht bis an den Bodensee oder nach Schleswig-Holstein, sondern läßt sich – mit der Hoffnung auf baldige Rückkehr – gleich nebenan hinter dem Eisernen Vorhang nieder.
Es muß somit nicht wundernehmen, daß die Fuchs das Wort in ihrer oberfränkischen Heiratszwangswahlheimat öfter hörte. Überhaupt: Die Mundartgrenzen sind nicht starr, sondern voller Übergänge, und vielfach kennen die Menschen Ausdrücke benachbarter Landschaften, auch wenn sie sie selber nicht gebrauchen. Auch ohne Sachsen- und Sudetenlandzuzügler war die Kunde von der "Schwuppdizität" vielleicht schon bis ins Oberfränkische gedrungen.
1-mal bearbeitet. Zuletzt am 17.05.23 14:49.