Donald "antiautoritär"?
geschrieben von:
Coolwater
()
Datum: 11. Mai 2003 13:26
Basso Bompopoff hat geschrieben:
> Hat das alles was mit Donaldismus zu tun? Ich finde schon. Für
> mich war Donald (und viele andere Bewohner Entenhausens) schon
> als Kind insofern faszinierend, als daß ich in ihnen letztlich
> antiautoritäre Figuren gesehen habe, die sich eben nicht alles
> gefallen lassen und die, wenn auch oft vergebens, Widerstand
> leisten.
Ist nicht unrichtig, erfaßt aber meines Erachtens den gesamten Charakter Donalds bei weitem nicht. Donald ist zu vielschichtig, als daß man ihn nur als eine "antiautoritäre Figur" abtun könnte oder ihn gar als eine Symbol- und Identifikationsfigur für eine bestimmte politische Richtung nehmen könnte. In ihm steckt mindestens ebenso viel "Spießertum" wie "Rebellion".
Das Streben Donalds, das dann an Widerständen "im System" scheitert, ist ja oft nur der Versuch, "im System" eine höhere und anerkannte Stellung einzunehmen. Man denke an all die Berufe, die er annimmt und dann mit viel "kleinbürgerlichem" Idealismus nach besten Kräften auszuüben versucht. Es zeugt nicht gerade von der "antiautoritären" Haltung Donalds, wenn er als gerade eingestellter Postbeamter davon träumt, bald schon Postminister zu sein.
Legendär ist ja auch Donalds Uniform- und Ordensucht: Feuerwehrmann, Polizist (in dieser Barks/Jippes-Geschichte), Zollbeamter (Küste/Wüste), Wachmann, Schulpolizist. Es gibt ja nichts, was er hier nicht durchprobiert hätte.
Ich würde Tick, Trick und Track auch nicht ohne weiteres nun hier als simple "antiautoritäre" Figuren nehmen. Wenn es darum geht, sich ganz konkret gegen die Autorität "Onkel Donald" (der in diesen Konflikt-Geschichten im übrigen eine sehr starke Autorität einnimmt) aufzulehnen, sind sie es freilich. Aber ist das nicht der von Dir gescholtene Hedonismus, ein unmittelbares Genußstreben im hier und jetzt. Tick, Trick und Track mögen rebellisch sein, wenn es darum geht, sich vor der Schule und des Onkels Rute zu drücken, aber lehnen sie sich etwa gegen ihren Onkel, den reichsten Mann der Welt, auf, oder unterstützen sie ihn nicht vielmehr in seinem Bestreben, noch mehr Schätze anzuhäufen, lächelnd und mit gutem Gewissen? Man denke zudem an das Fähnlein Fieselschweif, in dem so mancher ja schon eine paramilitärische Organisation gewittert hat
Sicherlich, die antiautoritäre Komponente fehlt den Geschichten nicht. Aber sie hat überall wieder ihren Gegenpart, und die Ducks sind als Comic-Figuren mindestens so komplex wie die Simpsons als Trickfilm-Figuren.
> Meine Annahme, die meisten Donaldisten würden aus
> ähnlichen Gründen ebenfalls a priori eine kritische Einstellung
> dem Bestehenden gegenüber einnehmen, war natürlich ein
> Fehlschluß meinerseits.
Gähn! Als ob man ein rundum politisierter 68er mit mehr oder weniger sichtbarem Linksdrall (denn allein das ist mit "kritische[r] Einstellung" wohl gemeint) sein müßte, um Barks, Fuchs und die Ducks zu mögen und genießen.
Der von Dir aufgemachte Ggensatz zwischen guten, "gesellschaftskritischen", Hendrix hörenden 68ern und dumpfen Plastikpop sich hereinziehenden "Konsum"-Zombies und Analphabeten nachgeborener Generationen ist sowieso lachhaft und stellt selber ein simples Weltbild dar, das man sich bequem zurechtgemacht hat.
Man könnte ja mit einigem Recht einwenden, daß ja die Studenten der 60er nunmehr selber in Universitäten, Schulen, Verbänden, Parteien, in Staatsstellen und Institutionen herumhocken und leitende Positionen innehaben. "Das Bestehende" sind halt heute nicht "die Nazis" und "die Spießer"; die "political correctness" der 68er und ihres Anhangs in allen ihren Formen ist heute selber eine neue Form des Spießertums und selber "Muff", der sich bloß für rebellisch hält.
Als Schüler der 90er werden meiner Erfahrung nach ach so "kritische" 68er- und 70er-Lehrer selber am autoritärsten, wenn man ihre "Wahrheiten" in der Klassendiskussion kritisch hinterfragt und ins Wanken bringt.