Datum: 23. Dezember 2020 14:53
Der Knabe hat's nicht leicht. Ist in Sorge, ob sie auf dem richtigen Kurs sind bei ihrer großen Rettungstat, und dann ist er sich auch noch unsicher, ob er das Präteritum oder das Perfekt gebrauchen soll.
Mal jenseits von Barks und Fuchs: Wer öfter
MM und
TGDD liest, dem wird wie mir seit geraumer Zeit eine gewisse Präteritumsverliebtheit in den Sprechblasen aufgefallen sein. Oft klingt, was die Figuren sprechen, so arg gekünstelt. Bei Ehapa ist man aber anscheinend der Auffassung, daß die Figuren in diesen Fällen das Präteritum gebrauchen "müssen".
Es ist sehr zweifelhaft, daß das so sein "muß". Die Unterscheidung zwischen den beiden Vergangenheitsformen ist im Deutschen bei weitem nicht so klar und streng wie im Englischen. Vielleicht war sie das vor Jahrhunderten mal, aber im Gegenwartsdeutsch ist sie es längst nicht mehr.
Die Grobunterscheidung ist so einsichtig wie einfach: Präteritum als "Erzählvergangenheit" für das, was ferngerückt und abgeschlossen ist, Perfekt für das, was in der Gegenwart und für den Sprecher noch von Bedeutung ist. Die Grenzen verschwimmen aber oft genug, und wo immer die Sprach- und Stilpäpste punktgenau festlegen wollen, wann im einzelnen Perfekt und wann Präteritum zu gebrauchen sei, fangen sie an, sich zu verheddern und zu verzetteln und einander zu widersprechen.
Tick (oder Trick oder Track) steht wahrlich nicht allein, wenn er nicht weiß, welche Vergangenheitsform er gebrauchen soll. Grundlegend dazu Jost Trier, "Unsicherheiten im heutigen Deutsch", in:
Sprachnorm, Sprachpflege, Sprachkritik. Jahrbuch des Instituts für deutsche Sprache 1966/67. (Wem es schlaflose Nächte bereitet, weil er nicht weiß, ob er "richtig" sagen "muß": "Ich ging heute zur Schule" oder "Ich bin heute zur Schule gegangen", der sollte um seines Seelenfriedens willen diesen Aufsatz lesen.)
Es ist wohl das zum Dogma versteinerte Bestreben, die für Abgeschlossenes, Berichtetes vermeintlich "richtige" Erzählvergangenheit zu gebrauchen, was zur Präteritumsseuche bei Ehapa geführt hat (oder zu ihr "führte"). Bei den Dialogen in den Hefterln handelt es sich aber gewöhnlich um Alltagsdialoge, die möglichst ungezwungen klingen sollten. Hier sprechen nicht Figuren in einem Schiller-Drama miteinander. Das läßt einen zurückhaltenden Gebrauch des Präteritums und den Gebrauch mit Bedacht ratsam sein. Ganz gut dazu etwa hier:
Perfekt oder Präteritum?
Präteritum oder nicht Präteritum – ein altes Problem beim Übersetzen von Comichefterln. Siehe etwa hier:
"Ich las genug!"