Datum: 18. September 2020 15:53
Hier ein langes Gespräch mit Penndorf von 2009: [
www.welt.de]
Dazu will ich mal was loswerden, was mich schon seit Jahren "umtreibt". Auszug aus dem Gespräch:
Quote
Penndorf: [...] Übrigens: Wenn Sie wüssten, wie lange ich um das Wort „Vorkoster“ ringen musste. Die Redaktion fragte mich damals: „Gibt’s so etwas überhaupt?“
WELT ONLINE: Wirklich? Aber dank Asterix kennt das doch heute jeder.
Penndorf: Ja. Ich musste das damals ja auch nachschlagen. Genauso wie das Wort „Ausguck“ – in dem der schwarze Pirat ganz oben am Mast hockt. Das kannten höchstens professionelle Segler.
Zum "Vorkoster" kann ich nix sagen, aber ich melde heftige Zweifel an, daß das Wort "Ausguck" vor
Asterix (v. A.) so unbekannt war. Seit ich in den 2000er Jahren auf die Behauptung gestoßen bin, "Ausguck" sei erst mit
Asterix richtig verbreitet worden, bin ich schon einige Male in Schrifttum aus der Zeit v. A. (fünfziger Jahre und früher) über das Wort gestolpert. Und zwar in der Tat beim Lesen darüber gestolpert, weil jedesmal, wenn ich auf das Wort stieß, mir sofort in den Kopf schoß, daß der "Ausguck" angeblich doch erst n. A. in Umlauf gebracht wurde. Zwar handelte es sich immer um Texte, in denen es um Schiffe ging (klar, wo sonst sollte das Wort auch auftauchen?), aber keineswegs um ausgesprochene Spezialliteratur für Nautiker, Marine-Nerds oder "professionelle Segler". Ich will allerdings gerne glauben, daß für die Süßwassermatrosen im Stuttgarter Verlagshaus das Wort neu war.
Auch der Allgemein-Duden von 1941 kennt den "Ausguck" (und muß nicht wie etwa bei der "Auskehlung" und der "Auskeilung" in der rechten Spalte erläutern, was das sein soll):
Ich habe mir jetzt ein paar Minuten genommen, um zwei "maritime" Werke der Weltliteratur auf das Wort zu "scannen":
In
Moby Dick habe ich in Kapitel 27 das Wort zweimal gefunden (weiter habe ich das Spiel dann nicht mehr betrieben): [
www.projekt-gutenberg.org] Die Übersetzung stammt von Wilhelm Strüver, aus einer Ausgabe aus dem Jahr 1927, also lange v. A.
In der
Schatzinsel taucht das Wort etwa in den Kapiteln 10, 11 und 12 auf (auch bereits in 1 und 2, da ist aber noch nicht der Ausguck auf einem Schiff gemeint oder nur in übertragenem Sinn): [
www.projekt-gutenberg.org] Die Übersetzung (nicht angegeben bei Projekt Gutenberg) stammt von Heinrich Conrad, ebenfalls aus einer deutschen Ausgabe von 1927.
Nachtrag: Unter den den fünf Verwendungsbeispielen für "Ausguck" im
Digitalen Wörterbuch der deutschen Sprache (
DWDS) [
www.dwds.de] sind ebenfalls zwei aus der Zeit v. A. aufgeführt: das eine aus dem Jugendbuch
John Workmann der Zeitungsboy, laut Netz erstmals 1909 veröffentlicht, mit Neuauflagen u. a. 1925 und 1954 laut
DWDS; das zweite aus dem bekannten Roman
Die Heiden von Kummerow von 1937. Beides auch nicht gerade Bücher, die nur Profi-Segler lesen ...
Mag sein, daß das von jung und alt gelesene
Asterix mit seinen Millionenauflagen das Wort noch einmal breiter in den Sprachschatz geschoben hat, aber daß "Ausguck" v. A. so abseitig und unbekannt gewesen ist, halte ich für einen Mythos.
1-mal bearbeitet. Zuletzt am 18.09.20 16:14.