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Re: Der Entenhausener Stadtplan für Kinder
geschrieben von: Duckimaus* ()
Datum: 18. Januar 2017 12:50

Quote
Ostsibirischer Korjakenknacker
a) MUSS automatisch jede Geschichte, die in einer Zeitschrift erscheint, die sich an Kinder richtet, eine Geschichte sein, die für Kinder geschrieben wurde?
b) Erscheinen in Zeitschriften, die sich an Kinder richten, automatisch nur Geschichten oder manchmal, evtl. regelmäßig, auch Dokumentationen?
c) Ist eine Geschichte, die für Kinder geschrieben wurde, für Erwachsene automatisch nichtssagend oder unangemessen?

Eine Zeitschrift, die sich an eine bestimmte Leserschaft richtet, enthält Inhalte, für die sich die Leserschaft auch interessiert. Soll heißen, eine Zeitschrift für Sportfans enthält Sportinformationen, eine Zeitschrift für Autoliebhaber enthält Informationen über Autos, ein Politikmagazin enthält politische Texte. Daher hat eine Kinderzeitschrift auch nur die Inhalte, die für Kinder relevant sind.

Klar, eine Kinderzeitschrift muss nicht nur Comics enthalten, sondern kann auch Geschichten in reiner Textform, Unterhaltsames, Informationen, Basteltipps, Witze, Rätsel usw. enthalten. Aber auch hier gilt, dass es sich bei sämtlichen Inhalten um Dinge handelt, die auch für die Zielgruppe geeignet sind. Also müssen die Geschichten auch für Kinder verständlich sein, Informationen müssen so verfasst sein, dass Kinder sie verstehen (also kein wissenschaftlicher Aufsatz, sondern einfach erklärt), die Bastelanleitungen dürfen auch nicht zu schwer sein, Witze müssen jugendfrei sein, Rätsel leicht genug, damit Kinder sie lösen können.

Interessiert sich aber auch ein Erwachsener dann dafür? Geschichten, egal ob Comic oder reiner Text, die Themen, welche für Kinder interessant sind, enthalten, sind für Erwachsene langweilig. Rätsel, welche für Kinder sind, sind Erwachsenen zu einfach und sie haben deshalb kein Interesse, wollen stattdessen schwierigere Rätsel. Basteln tun Erwachsene seltener und wenn, dann sind das komplexere Arbeiten. Kindliche Witze bringen Erwachsene kaum noch zum Lachen, stattdessen müssen die Witze für Erwachsene geeignet sein oder Inhalte haben, die man überhaupt als Erwachsener erst versteht.

Fazit: Was sich an Kinder richtet, ist für Kinder geeignet und wird von Kindern gelesen. Comics zählen nun mal dazu, denn in vielen westlichen Ländern werden Comics mit Themen produziert, die für Kinder interessant sind, während Erwachsene solche Themen kaum interessieren. In anderen Ländern, wie Japan, ist das was anderes, weil dort die Kultur und Literatur sich anders entwickelt hat. Dort gibt es auch Mangas für Erwachsene.
Aber bei uns haben Comics einen schlechten Ruf, wurden und werden als Schund bezeichnet. Viele Kinder haben sicherlich von ihren Eltern gehört, warum sie nicht was vernünftiges lesen und warum sie ihr Geld sinnlos für Comics ausgeben.
Das trifft sicherlich auch auf genug Donaldisten zu, fast jeder von euch musste sich das anhören. Und ist es inzwischen anders, jetzt wo ihr erwachsen seid? Was sagen eure Ehemänner,Ehefrauen, Verwandte, Kollegen, Freunde, was sagen eure Kinder dazu? Auch da gibt es sicher mehr Ablehnung als Zustimmung.



1-mal bearbeitet. Zuletzt am 18.01.17 12:50.

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Re: Der Entenhausener Stadtplan für Kinder
geschrieben von: Coolwater ()
Datum: 18. Januar 2017 17:10

Quote
Duckimaus*
Aber bei uns haben Comics einen schlechten Ruf, wurden und werden als Schund bezeichnet. Viele Kinder haben sicherlich von ihren Eltern gehört, warum sie nicht was vernünftiges lesen und warum sie ihr Geld sinnlos für Comics ausgeben.
Das trifft sicherlich auch auf genug Donaldisten zu, fast jeder von euch musste sich das anhören. Und ist es inzwischen anders, jetzt wo ihr erwachsen seid? Was sagen eure Ehemänner,Ehefrauen, Verwandte, Kollegen, Freunde, was sagen eure Kinder dazu? Auch da gibt es sicher mehr Ablehnung als Zustimmung.

Ist das denn alles noch so arg heute? Vor einigen Jahrzehnten stand es um den Ruf von Comics bestimmt schlimmer. Wenn heutzutage in der Presse was über Donald Duck, Carl Barks, Donaldismus oder Comics steht, dann ist es zwar oft nicht kenntnisreich, aber gewöhnlich doch wohlwollend-sympathisierend. Auch ist heute allgemein anerkannt, daß Comics "Kunst" sind – oder treffender, daß sie dies sein können. Wahrscheinlich werden in Frankreich und Belgien Comics noch selbstverständlicher als "Kunstform" gesehen als hierzulande, aber das "Schund"-Image haben sie auch bei uns längst abgestreift.

Klar sind viele Comics Schund und werden als solche gesehen und gebrandmarkt. Wie auch zahlreiche Filme, Gedichte, Romane, Bauwerke Schund sind. Aber daß Comics in Deutschland heute noch schlechthin als Schund betrachtet werden, das bezweifle ich.

In den sechziger und siebziger Jahren haben Betrachtungen über Comics noch mit Heinrich Hoffmann und Wilhelm Busch oder gar den ägyptischen Hieroglyphen begonnen. Damals mußte man sich noch dafür rechtfertigen, daß man sich mit so etwas "Kindischem" wie Comics ernsthaft beschäftigte und ihre angeblichen Ahnenformen in der hohen Kultur herausstreichen. Das ist heute nicht mehr so.

Stoße ich auf Ablehnung von Familie, Freunden, Kollegen für Barks-Kultur, Donaldismus und Comic-Interessen? Nee. Auf Zustimmung? Das im tatsächlichen Sinne nun auch nicht. Vielmehr interessiert es die Leute nicht, ist halt mein "Hobby". Der eine Kollege liebt Star Wars, der andere Eisenbahnen, meine Mutter sammelt alte Puppen. Interessiert mich alles auch nicht. Aber deswegen lehne ich es nicht ab oder sehe, was sie lieben, als Schund.

Das TGDD wie auch das LTB werden in unseren Tagen übrigens gut zur Hälfte von Erwachsenen gelesen, sagt der Verlag schon seit geraumer Zeit. Dabei dürften die Mehrheitsverhältnisse in Zukunft noch mehr zuungunsten der jungen Leser kippen. Die, die heute Comics lesen, sind eben in weiten Teilen solche Erwachsene, die Comics bereits in ihrer Kindheit gelesen haben, während sich die Kinder heutzutage weniger für Comics interessieren, als es die Kinder noch vor Jahrzehnten taten. Deswegen auch diese Masse an Comic-Alben für Erwachsene und Gesamtausgaben von Comic-Klassikern, die man nur im Buch- oder Comicfachhandel findet und die sich Otto Normalkind auch gar nicht leisten kann. Für Otto Normalkind sind diese ganzen Edelausgaben, mit denen der Markt überflutet wird, ihrer ganzen Art nach aber auch gar nicht konzipiert. Den Zwölfjährigen möcht' ich sehen, der die Carl Barks Collection in seinem Kinderzimmer stehen hat. (Für die hätte ich mir als Zwölfjähriger allerdings die Hand abhacken lassen.)



2-mal bearbeitet. Zuletzt am 18.01.17 17:39.

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Re: Der Entenhausener Stadtplan für Kinder
geschrieben von: Theodora Tuschel ()
Datum: 18. Januar 2017 20:02

Mein Aufschrei "Häresie!" bezog sich auf folgende Äußerung:

Quote
Duckimaus*
Sämtliche Geschichten, die aus dem Hause Disney kommen, sind doch für Kinder, weil es Comics sind.

Abgesehen von dem unzulässigen Schluss "für Kinder, weil es Comics sind" berührt das meiner Meinung nach eine Grundlage des wissenschaftlichen Donaldismus. Dieser kann als in sich logisches Denkgebäude nur funktionieren, wenn man die Duck-Geschichten nicht als zielgruppenorientierte Fiktion ansieht, sondern als Berichte aus einer real existierenden Welt, samt Eingrenzung auf einen bestimmten Kanon, nämlich Barks/Fuchs. Diese Berichte mit unseren Methoden streng wissenschaftlich zu erforschen, das ist wissenschaftlicher Donaldismus.

Natürlich franst das ganze zu allen Seiten hin aus, je nachdem welche Berichte man noch als mehr oder weniger kanonisch ansieht. Aber LTBs gehören keinesfalls dazu. Wenn wir alle möglichen Donald-Duck-Geschichten als kanonische Quellen in die Forschung einbeziehen, dann muss diese scheitern.

Das spricht natürlich nicht dagegen, dass Donaldisten auch LTB-Geschichten gut finden! Aber ich denke, wir sollten immer streng unterscheiden zwischen Donaldismus als in sich geschlossenes Denksystem und beliebigen Donald-Duck-Geschichten.

Gibt es hier nicht einen Philosophen, der dazu was sagen kann? Die beschäftigen sich doch mit der Kunst des Denkens.



1-mal bearbeitet. Zuletzt am 18.01.17 20:28.

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Re: Der Entenhausener Stadtplan für Kinder
geschrieben von: Fährmann ()
Datum: 19. Januar 2017 14:23

"Beliebig" gefällt mir gut! So hat einmal der frühere Kölner Kardinal Meisner ein neues Domfenster bezeichnet, das seinem Geschmack nicht zusagte. Was "für Kinder" angeht: in einem WDR-Rundfunkinterview aus den 90ern antwortete Erika Fuchs auf die Frage, ob sie die Texte kindgerecht aufarbeite: "Überhaupt nicht! Wenn die Kinder was nicht verstehen, sollen sie fragen!" (aus meinen Gedächtnisunterlagen)

Ahoi!

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Re: Der Entenhausener Stadtplan für Kinder
Datum: 19. Januar 2017 14:59

Quote
Duckimaus*
Eine Zeitschrift, die sich an eine bestimmte Leserschaft richtet, enthält Inhalte, für die sich die Leserschaft auch interessiert. Soll heißen, eine Zeitschrift für Sportfans enthält Sportinformationen, eine Zeitschrift für Autoliebhaber enthält Informationen über Autos, ein Politikmagazin enthält politische Texte. Daher hat eine Kinderzeitschrift auch nur die Inhalte, die für Kinder relevant sind.

Das ist leider nicht besser, weil an meiner Frage vorbei. Ich formuliere um: Sind alle Inhalte, die für Kinder relevant sind, für Kinder geschrieben worden?
Ich erinnere daran, dass es genug Bücher gibt, die nie als Kinderbücher konzipiert waren, jetzt aber als solche verkauft werden (Karl May schrieb alle seine Bücher als Reiseerzählungen für Erwachsene), und umgekehrt ("Der kleine Hobbit" ).
Es geht also nicht um die Zielgruppe des Trägermediums, sondern des Inhaltes. Die Donald Duck Klassik-Alben sind z.B. Anfang der 1990er keineswegs für ein kindliches Publikum publiziert worden; ebensowenig und noch weniger die Barks Library. Dennoch sind die "Geschichten" darin dieselben wie in den MM-Heften der 1950er und 60er.

Bitte zwischen Medium und Inhalt trennen.

Weiters gibt es seit 1931 (!) definitiv Comics, die sich eher an Erwachsene richten, nämlich Hal Fosters Tarzan (später Prinz Eisenherz).



3-mal bearbeitet. Zuletzt am 19.01.17 15:24.

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Re: Der Entenhausener Stadtplan für Kinder
geschrieben von: Duckimaus* ()
Datum: 19. Januar 2017 17:04

Ostsibirischer Korjakenknacker, wenn in den Klassikalben dieselben Geschichten sind, die in den 50ern und 60ern im Micky-Maus-Heft standen, warum wurde das Micky-Maus-Heft nicht von Anfang an von Erwachsenen gelesen?

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Re: Der Entenhausener Stadtplan für Kinder
Datum: 19. Januar 2017 17:11

Wurden sie nicht? Also ich kann mich an etliche erinnern, die sie gelesen haben (von denen habe ich sie dann bekommen), unter anderem einen Lehrer in meiner Hauptschule.

Aber das lag eben am Medium: Aufgemacht als Kinderzeitschrift, sodass nach aussen der Eindruck erweckt wurde, der Inhalt sei auch nur für Kinder. Er war aber - was die Donald-geschichten betraf - eben AUCH, aber nicht nur für diese.

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Frieden für die Ukraine!

Grkztrrrschwrzkajaaaa!

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Re: Der Entenhausener Stadtplan für Kinder
geschrieben von: Duckimaus* ()
Datum: 20. Januar 2017 14:19

Ich habe mir nochmal das erste Micky-Maus-Heft von 1951 angeschaut, auf der Rückseite steht, dass auch die Eltern ihre stille Freude an diesem Heft haben werden.

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Re: Der Entenhausener Stadtplan für Kinder
geschrieben von: Coolwater ()
Datum: 21. Januar 2017 17:39

Mal unabhängig davon, welche Hefte von den Verlagen für wen ersonnen werden: Hatte Barks bei seiner Berichterstattung aus Entenhausen ein bestimmtes Zielpublikum vor Augen? Verfertigte er seine Berichte in dem Wissen und mit der Erwartung, daß sie in Heften für Kinder veröffentlicht würden und hauptsächlich von Kindern gelesen werden würden?

Darauf können wir wohl getrost mit Ja antworten, und für die Forschung hoch relevant ist das, wenn wir fragen, was uns Barks in den Berichten nicht mitteilt. Themen wie Sexualität und Tod werden von Barks ausgespart oder nur andeutungsweise behandelt. Aber auch Toiletten zum Beispiel sieht man meines Wissens nirgendwo in den Berichten, geschweige denn, daß Barks uns jemanden beim Verrichten seines Geschäfts zeigte.

Daraus darf man aber nicht schließen, daß es all das in Entenhausen nicht gibt. Auch nicht, daß Barks um solche Dinge nicht wußte. Vielmehr muß man immer im Kopf behalten, daß Barks bei der Erstellung seiner Berichte eine Selbstzensur betrieb und solche Themen von vornherein nicht behandelte, von denen er glaubte, daß seine kindliche Leserschaft nichts damit anfangen könnte, oder bei denen er befürchtete, die Redakteure von Walt Disney's Comic & Stories und Co. würden Anstoß daran nehmen und den Bericht nicht durchgehen lassen.

Hätte Barks für eine "Erwachsenenzeitschrift" berichtet – ich bin mir sicher, wir hätten mit ganz anderen Berichten zu tun. Barks hätte Licht auf Dinge geworfen, die für uns im Dunkeln liegen, weil er als Belieferer von "Geschichten für Kinder" zu ihnen schwieg. Es gibt ein verborgenes Entenhausen.



3-mal bearbeitet. Zuletzt am 22.01.17 01:01.

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Re: Der Entenhausener Stadtplan für Kinder
geschrieben von: Donald ()
Datum: 21. Januar 2017 21:12

Bravo! Sehr fein analysiert! thumbs down

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Re: Der Entenhausener Stadtplan für Kinder
Datum: 23. Januar 2017 05:16

Quote
Coolwater
Hätte Barks für eine "Erwachsenenzeitschrift" berichtet – ich bin mir sicher, wir hätten mit ganz anderen Berichten zu tun. Barks hätte Licht auf Dinge geworfen, die für uns im Dunkeln liegen, weil er als Belieferer von "Geschichten für Kinder" zu ihnen schwieg. Es gibt ein verborgenes Entenhausen.

Dem letzten Satz ist nichts entgegenzusetzen, nur: textkritisch betrachtet müssen wir mit dem arbeiten, was wir haben. Mit rein spekulativen Aussagen (dass es in E. Sex und Toiletten gab) bewegen wir uns auf dem Niveau der Hypothese, dass Jesus überlebt hat und nach Indien abgehauen ist.

Will sagen: Wir dürfen nicht beliebig extrapolieren, und schon gar nicht linear. Unser als real postuliertes Entenhausen zeichnet sich ja gerade durch Nichtlinearität aus, das macht es als Forschungsgegenstand doch so spannend ...

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Re: Der Entenhausener Stadtplan für Kinder
geschrieben von: Duckimaus* ()
Datum: 14. Februar 2017 21:52

Wurde bei Western Publishing, der US-amerikanische Verlag, welcher Barks' Geschichten (und auch weiter Disney-Comics) veröffentlichte, wirklich jede Barks-Geschichte veröffentlicht oder wurden auch welche abgelehnt? Falls letztes zutrifft, dann müssten doch noch Berichte bei Barks zuhause rumliegen, sofern dessen Verwandtschaft nicht alles weggeworfen hat.
Hat denn die D.O.N.A.L.D. mal nachgefragt, ob es noch unveröffentlichte oder nicht fertig gestellte Berichte gibt? Vielleicht finden sich dort auch Themen, die sonst nirgends erwähnt wurden.



1-mal bearbeitet. Zuletzt am 14.02.17 21:53.

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Re: Der Entenhausener Stadtplan für Kinder
geschrieben von: Coolwater ()
Datum: 15. Februar 2017 00:42

Western Publishing hat vier Berichte abgelehnt. Zwei davon haben überdauert, zwei sind verschollen, Einzelheiten siehe hier: [www.cbarks.dk]

Darüber hinaus hat Barksens Verlag eine Reihe von Geschichten um Einzelbilder, halbe oder ganze Seiten beschnitten, wobei das verschiedene Gründe haben konnte: Mal stieß man sich am Inhalt ("Brutalität"), mal brauchte man einfach Platz für Werbung.

Barks hat praktisch nie etwas weggeworfen. Was der Verlag an Barks zurückgeschickt hat, das hat in der Regel überdauert – auch Einzelbilder oder Seiten, die Barks selber noch beim Verfertigen des Berichtes entfernt oder ausgetauscht hat.

Dagegen war Western Publishing ein Schlamper vor dem Herrn. Was der Verlag nicht veröffentlicht und auch nicht an Barks zurückgesandt hat, das hat in der Regel auch nicht überdauert. Barksens Originale pflegte der Verlag nach dem Anfertigen von reproduktionssfähigen Hochqualitäts-Ablichtungen ohnehin im Ofen zu verfeuern – aus "Platzgründen".

Es ist davon auszugehen, daß alles nichtveröffentlichte Barks-Material, das der Verlag einbehalten hat, denselben Weg alles Irdischen genommen hat, wenn es bis heute nicht wieder aufgetaucht ist. Zu sagen, jene Berichte seien "verschollen", heißt ja, das Trostlose in ein optimistisches Wort zu kleiden. Nach Jahrzehnten der vergeblichen Fahndung nach diesen Schätzen muß man wohl feststellen: Sie sind verloren.

Man rauft sich die Haare: Der abgelehnte Bericht Eine stille Nacht von 1945 hat überdauert – weil Western ihn an Barks zurückgeschickt hat! Wenn ich die Geschichte noch richtig im Kopf habe, hat der Verlag den Bericht Barks sozusagen wieder vor die Füße geschmissen, weil er, der Verlag, ihn, Barks, für diesen Bericht nicht bezahlt hat. Klar: Bericht wird nicht veröffentlicht, also gibt's auch keine Kohle. Jedoch: Das Ding wandert zurück zu dem guten Mann, ist ja seins, wir haben's ja nicht abgekauft. – Dreist, aber "korrekt".

Nun der verschollene "Golden-Apples"-Bericht von 1952: Barks war schon etabliert und auf dem Zenit seines namenlosen Ruhms. Western war gegenüber seinem "Starzeichner" nicht mehr so dreist wie noch zu Anfang. Und hier lief, wenn ich es recht in Erinnerung habe, die Sache so: Der Verlag hat den Bericht zwar nicht veröffentlich – aber: Barks wurde dafür bezahlt. Somit ging der Bericht jedoch auch nicht an Barks zurück. Die goldenen Äpfel blieben im Verlag – und niemand sah sie je wieder.

Und gerade das ist nun das, was an der Geschichte zum Haareraufen ist: Man wünschte sich heute, der Verlag wäre auch 1952 frech gewesen und hätte Barks für einen nicht veröffentlichten Bericht auch nicht bezahlt – und dem Meister statt dessen sein Werk munter zurück ins Haus geschickt. Dann könnten wir uns des Berichts gewiß noch heute erfreuen.

Wieso der abgelehnte Bericht Der Milchmann von 1957 – also noch einige Jahre später als die "goldenen Äpfel" – bis heute überdauert hat, weiß ich aus dem Stegreif genau nicht – ob er (bezahlt, unbezahlt?) wieder bei Barks gelandet oder ausnahmsweise doch, worauf die Erläuterung im Verweis oben hindeutet, bei Western auf Eis gelegt statt ins Feuer geworfen wurde.

Was an seinerzeit nicht veröffentlichten Bildern, Seiten, Berichten überdauert hat, ist inzwischen vielfach publiziert worden. Bislang nicht veröffentlichtes Material dürfte – wenn überhaupt – aus den genannten Gründen aber tatsächlich noch am ehesten aus Barksens Nachlaß gefischt werden, kaum jedoch aus irgendwo hingeschleuderten Beständen des Verlagsarchives von Western Publishing... Ha! Was ist das Bernsteinzimmer gegen die goldenen Äpfel!



9-mal bearbeitet. Zuletzt am 15.02.17 01:45.

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Re: Der Entenhausener Stadtplan für Kinder
Datum: 15. Februar 2017 06:18

geehrter Coolwater,

DANKE für diesen erhellenden und leider so wahren Beitrag. Insbesondere für den letzten Satz!

Gibt es "Western" eigentlich noch?

Und: das gehört eigentlich im DD mal ausführlich publiziert. Oder wurde das schon? Ich hab leider nicht alle Ausgaben ...

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Frieden für die Ukraine!

Grkztrrrschwrzkajaaaa!

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Re: Der Entenhausener Stadtplan für Kinder
geschrieben von: Duckimaus* ()
Datum: 15. Februar 2017 15:26

Danke für die ausführliche Erklärung, Coolwater.

Eines wundert mich allerdings, diese Berichte wurden abgelehnt, weil sie zu gewalttätig sind. Dem widerspreche ich auch nicht, da zu große Brutalität für Kinder nicht geeignet ist. Wieso wurde dann der Bericht "Der Feuerteufel" akzeptiert, immerhin zündelt Donald überall rum, und das könnte die Kinder doch zum Nachahmen bringen? Oder hat es in den USA niemanden gestört? Immerhin wurde diese Geschichte nicht in Deutschland veröffentlicht, wenigstens etwas.

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Re: Der Entenhausener Stadtplan für Kinder
geschrieben von: Coolwater ()
Datum: 15. Februar 2017 16:17

Quote
Duckimaus*
Eines wundert mich allerdings, diese Berichte wurden abgelehnt, weil sie zu gewalttätig sind. Dem widerspreche ich auch nicht, da zu große Brutalität für Kinder nicht geeignet ist. Wieso wurde dann der Bericht "Der Feuerteufel" akzeptiert, immerhin zündelt Donald überall rum, und das könnte die Kinder doch zum Nachahmen bringen? Oder hat es in den USA niemanden gestört? Immerhin wurde diese Geschichte nicht im Deutschland veröffentlicht, wenigstens etwas.

In den vierziger Jahren ließ der Verlag noch wesentlich mehr an "Gewalt" durchgehen als in den Fünfzigern und Sechzigern. Western Publishing wurde im Laufe der Zeit immer vorsichtiger und überängstlicher, was "Gewalt" in seinen "Comics" betrifft. Das hat mit dem gesellschaftlichen Klima zu tun, mit Beginn der fünfziger Jahre wehte der Wind stärker gegen angebliche Gewalt in Comics. 1954 kam es dann ja auch zum sogenannten "Comic Code", einer faktischen Selbstzensur, die sich die Comicbuchverlage auferlegten: [de.wikipedia.org]

Einige Jahre früher hatte man das alles eben lockerer gesehen. Den 1946 veröffentlichten Feuerteufel hätte Western zehn Jahre später sicherlich nicht mehr durchgehen lassen ...

Ein großes Thema in Barksens frühen Berichten ist ja auch der Kampf zwischen Donald und seinen Neffen. Später berichtet Barks ja kaum noch davon oder in wesentlich gedämpfterer Form. Konkret hatte sich die Mutter eines Lesers beschwert, daß die Sprache zwischen Donald und seinen Neffen in dem 1956 veröffentlichten Bericht Der Sofaexpreß (WDC 186) zu rüde sei. Western setzte Barks von dieser Kritik in Kenntnis, und der schrieb darauf einen kleinen Wutbrief an den Verlag, daß er den Konflikt zwischen Donald und seinen Neffen dann eben künftig nicht mehr behandeln werde.

Daß der Verlag bereits 1945 Eine stille Nacht zurückgehen ließ, lag weniger an der "Gewalt" an sich in dem Bericht als vielmehr an der Verbindung von Gewalt und Weihnachten.

Übrigens Feuerteufel: Hier hat Western ja immerhin die letzten Bilder entfernt, in denen Donald im Gefängnis landet. Daß eine "Disney-Figur" am Ende im Knast sitzt, das wollte der Verlag nicht. Die – von einem anderen Zeichner – neu angefertigten Schlußbilder, in denen Donald alles nur geträumt hat, geben dem Bericht ja einen vollständig anderen Dreh. Barksens ursprüngliche Schlußbilder dürften im Papierkorb oder Redaktionsofen gelandet sein. Die Carl-Barks-Collection präsentiert ein von Daan Jippes gezeichnetes "restauriertes" Ende.

Der Feuerteufel ist in Deutschland mehrfach veröffentlicht worden, erstmals in TGDD 89 (1987). Kann natürlich sein, daß man ihn davor jahrelang zurückgehalten hat, aus Angst, der Bericht könne für Kinder ungeeignet sein. Davon weiß ich nichts.

Allgemein zu Zensur bei Barks siehe auch noch hier: [www.cbarks.dk]

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Re: Der Entenhausener Stadtplan für Kinder
geschrieben von: Duckimaus* ()
Datum: 15. Februar 2017 17:55

Quote
Coolwater
Der Feuerteufel ist in Deutschland mehrfach veröffentlicht worden, erstmals in TGDD 89 (1987). Kann natürlich sein, daß man ihn davor jahrelang zurückgehalten hat, aus Angst, der Bericht könne für Kinder ungeeignet sein. Davon weiß ich nichts.

Da habe ich mich undeutlich ausgedrückt. Ich bezog mich damit auf das Micky-Maus-Heft, welches diese Geschichte nicht veröffentlichte und sich an Kinder richtet. In Deutschland wurde "Der Feuerteufel" laut INDUCKS nur in Comic-Alben veröffentlicht, welche sich an ältere Leser richten.
Dem Ehapa war das Thema zu gefährlich, es wurde nie im MM gezeigt, andere Länder machten sich offenbar keine Sorgen.

[coa.inducks.org]

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Re: Der Entenhausener Stadtplan für Kinder
geschrieben von: Coolwater ()
Datum: 15. Februar 2017 18:36

Heute besteht die Hälfte, vielleicht sogar die Mehrheit der Leserschaft des TGDD aus Erwachsenen, aber das war 1987 mit Sicherheit noch nicht so. Vor dreißig Jahren dürften noch ganz überwiegend Kinder und Jugendliche das Heft gelesen haben.

Aber richtig, in die Micky Maus hat es Der Feuerteufel noch nicht geschafft, und ich glaube ebenfalls, daß er's dort nicht hineinschafft, weil der Donald da ein bißchen arg zündelfreudig ist. Aus ganz anderen Gründen wird auch Barksens Wudu-Hudu-Zauber niemals in der MM zu lesen sein oder überhaupt in irgendeinem Heft, das am Kiosk zu kaufen ist. Hier war die Premiere 1985 in TGDD 83 gleichfalls auch schon die Abschiedsvorstellung, und der Bericht wurde seitdem nur noch in Barks-Gesamtausgaben und irgendwelchen Schmökern veröffentlicht, die es nur im Buchhandel gab. Gut, TGDD 83 wurde 1991 dann noch einmal neu aufgelegt.



1-mal bearbeitet. Zuletzt am 15.02.17 18:50.

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Re: Der Entenhausener Stadtplan für Kinder
geschrieben von: Coolwater ()
Datum: 16. Februar 2017 03:19

Quote
Ostsibirischer Korjakenknacker
Gibt es "Western" eigentlich noch?

Und: das gehört eigentlich im DD mal ausführlich publiziert. Oder wurde das schon? Ich hab leider nicht alle Ausgaben ...

Nach einer Geschichte voller Wandlungen ist Western Publishing 2001 anscheinend abgewickelt worden, tut unter anderem Namen aber noch immer Atemzüge: [en.wikipedia.org]

Über die äußeren Umstände und Zwänge, denen Barks bei seiner Berichterstattung ausgesetzt war, erfährt man in den begleitenden Aufsätzen in der Barks Library und der Carl-Barks-Collection sehr viel. Es mag sein, daß das alles im DD etwas unterbeleuchtet ist, und sicherlich besitzt nicht jeder Donaldist eine der Gesamtausgaben. In der Entenhausenforschung ist es natürlich gut, wenn man die Entstehungshintergründe der Berichte kennt und auch darüber im Bilde ist, wann Western tatsächlich Barks-Berichte zensiert oder sonstwie in ihnen herumgefuhrwerkt hat. Über Daniel Düsentriebs blöde "Schule der Dorsche" in Die Geheimwaffe (WDC 247) zum Beispiel braucht man sich nicht ernsthaft das Gehirn zu zermartern, wenn man weiß, daß der Verlag den Bericht an der entscheidenden Stelle um eine Seite gekürzt hat.

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